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Manuel Valls in Not.

Foto: REUTERS/Charles Platiau

Ein richtiges Hitchcock-Finale beschloss am Dienstag die Marathondebatte zu einem neuen Wirtschaftsgesetz in der französischen Nationalversammlung. Präsident François Hollande und Premierminister Manuel Valls mussten einsehen, dass sie bei der Schlussabstimmung womöglich keine Mehrheit mehr hatten. Drei Dutzend "Frondeurs", das heißt Linksabweichler, verweigerten dem so genannten Macron-Gesetz nämlich die Gefolgschaft. Dieses ist ihnen zu liberal, weil es zum Beispiel die Sonntagsarbeit ausbaut und geschützte Berufszweige wie die der Notare dereguliert.

Das sozialistische Regierungslager drohte damit erstmals seit 2012 eine Parlamentsabstimmung zu verlieren. Minuten vor dem Urnengang setzte die Regierung das Traktandum ab – und das Gesetz per Federstrich in Kraft. Dazu ermächtigt sie Artikel 49 der französischen Verfassung.

Dieses Vorgehen gilt allerdings als "demokratiefeindlich". Diesen Ausdruck hatte Hollande 2006 einmal selbst verwendet, als die Bürgerlichen in der Nationalversammlung zu dem ominösen Paragrafen 49-3 Zuflucht nahmen, um einen Parlamentsentscheid zu umgehen.

UMP beeilte sich

Jetzt musste Hollande auf diese Weise selber eine peinliche Niederlage vermeiden. Laut der Verfassung kann die Opposition gegen den Artikel 49-3 eine Misstrauensmotion einreichen. Das tat die bürgerliche Großpartei UMP umgehend. Die Vertrauensabstimmung dürfte am Donnerstag stattfinden. Die Regierung hat dabei weniger zu befürchten, da die internen "Frondeure" kein Interesse haben, ihre eigene Regierung zu Fall zu bringen.

Das Führungsduo Hollande/Valls wird aber auf jeden Fall geschwächt aus der neuen Regierungskrise hervorgehen. Der Paragraf 49-3 ist außerhalb der Budgetdebatte auf einen einzigen Einsatz pro Jahr beschränkt. Die Staatsführung wird es sich deshalb in Zukunft zweimal überlegen müssen, bevor sie umstrittene Projekte vors Parlament bringt. Der Reformelan Frankreichs dürfte damit weiter erlahmen.

Hollande selbst wird selber wieder vom mühseligen Politalltag eingeholt, nachdem er im Zuge der "Charlie Hebdo"-Attentate eine eher gute Figur gemacht hatte. UMP-Vorsteher Nicolas Sarkozy meinte, die Linke sei ohne Parlamentsmehrheit nicht mehr regierungsfähig. Und Front-National-Chefin Marine Le Pen warf dem Präsidenten vor, er habe das Gleiche gemacht, das er früher der Rechten vorgeworfen habe – nämlich einen "Staatsstreich gegen das Parlament". (Stefan Brändle aus Paris, derStandard.at, 18.2.2015)