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Während in der Ukraine trotz Waffenstillstands gekämpft wurde, verhandelten Viktor Orbán und Wladimir Putin in Budapest über Gaslieferungen.

Foto: AP Photo/Alexander Zemlianichenko

Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Budapest dürfte Ungarns westliche Bündnispartner einigermaßen irritieren. Sein Gastgeber, der nationalpopulistische Regierungschef Viktor Orbán, setzte sich am Dienstag möglicherweise sogar über Beschlüsse des EU-Rats hinweg, als er den Kremlherrn im Budapester Parlament empfing.

Wegen des Kriegs in der Ukraine und der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim hatte sich der EU-Rat im vergangenen März darauf verständigt, dass die Mitglieder mit Putin nicht mehr bilateral verhandeln sollen - außer bei wichtigen Vertragsabschlüssen. So wurde bei Putins Besuch in Wien im Juni der South-Stream-Vertrag für den österreichischen Abschnitt unterschrieben. Das Pipeline-Projekt zur Südumgehung der Ukraine wurde zwar inzwischen von Putin persönlich abgesagt, aber in Wien blieb immerhin der Schein gewahrt.

Belanglose Abkommen

In Budapest gab man sich diesbezüglich gar nicht erst viel Mühe. Die bilateralen Abkommen, die im Beisein Orbáns und Putins unterzeichnet wurden, waren belanglos - wie etwa das über die Eröffnung eines ungarischen Konsulats im tatarischen Kasan.

Am Tag, als die von Moskau unterstützten Separatisten inmitten einer kurz zuvor vereinbarten Waffenruhe die ostukrainische Stadt Debalzewe stürmten, sagte Putin auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Orbán: "Die ukrainische Führung tut besser daran, ihre eingekesselten Truppen nicht an der Kapitulation zu hindern." Man müsse auch verlieren können, das gehöre zum Leben.

Orbán verzog dazu keine Miene. Kein Wort über die territoriale Integrität der Ukraine oder die Verletzung der Waffenruhe durch prorussische Separatisten. "Russland aus Europa auszugrenzen ist nicht vernünftig", erklärte Orbán stattdessen. Ungarn habe außerdem "200.000 Gründe" für Frieden in der Ukraine. Damit spielte Orbán auf die geschätzte Zahl der ethnischen Ungarn in der westlichen Karpato-Ukraine an.

Frage der Gasimporte

In der Frage der ungarischen Gasimporte verständigten sich Putin und Orbán darauf, dass der heuer auslaufende Langzeitvertrag weiter angewendet wird, bis Ungarn die darin festgelegten und bisher nicht genutzten Liefermengen ausgeschöpft hat. Dazu hätte es freilich keines De-facto-Staatsbesuchs bedurft, der Putin in der Hauptstadt eines EU- und Nato-Landes einen unverhofften diplomatischen Erfolg verschaffte.

"Der russische Präsident kam nicht, um Gas zu verkaufen, auch wenn er dieses Geschäft braucht", meinte der Außenpolitik-Experte Attila Ara-Kovács am Mittwoch. "Vielmehr wollte er eine ungarische Ware kaufen. Der Name der Ware: Einfluss fürs Imperium." (Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, 19.2.2015)