Lediglich Beamte genießen in Österreich einen gesonderten "Whistleblowing-Schutz"

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Reden ist Silber. Schweigen ist Gold. Dieses Motto sollten potenzielle Whistleblower beherzigen, die nicht im öffentlichen Dienst tätig sind. Trotz der Homepage für Whistleblower der Justiz sind Hinweisgeber in der Privatwirtschaft nicht geschützt.

Die Fälle der US-Whistleblower Edward Snowden und Chelsea Manning gingen um die Welt. Seit der Enthüllung des Abhörsystems der NSA ist Snowden im russischen Exil. Der ehemalige Soldat Manning wurde nach dem militärischen Geheimnisverrat zu 35 Jahren Haft verurteilt. Das Paradoxe: Whistleblower in den USA haben eigene, gesetzlich verankerte Regelungen zu ihrem Schutz - außer es werden Staatsgeheimnisse verraten.

Homepage für Hinweisgeber

In Österreich gibt es keinen allgemeinen Kündigungsschutz für Whistleblower. Seit 2011 können sich nur Beamte durch die "Whistleblowing"-Regelung gesetzlich in Sicherheit wiegen. Knapp zwei Jahre ist es her, seit die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Österreich eine eigene Homepage für Whistleblower eingerichtet hat - vorerst auf Probe. Das Ziel: Staatsanwälten unter Verschluss einen Tipp über Missstände geben zu können. Durch ein digitales Postkastensystem kann eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebern und Ermittlern zustande kommen. Inzwischen gab es knapp 2300 Hinweise - vorrangig Anzeigen wegen Sozialbetrugs und Manipulationen bei Auftragsvergaben. In 14 Fällen wurde seit Gründung der Plattform Anklage erhoben.

Totale Anonymität

Karin Mair von Transparency International Österreich sieht in der Homepage einen wichtigen Schritt. Diese sei nach Best-Practice-Beispielen umgesetzt. Der technische Schutz für Hinweisgeber könne gewahrt werden. Kritischer zeigt sich Datenschützer Andreas Krisch. "Aussagen über die totale Anonymisierung von Whistleblowern sind mit Vorsicht zu genießen." Denn der Anbieter könne immer nur einen Teil der Infrastruktur beeinflussen, innerhalb deren er Anonymität gewährleistet. "Wenn ich an die Überwachungsmaßnahmen von Geheimdiensten denke, ist ein totaler Schutz nicht zu garantieren", sagt Krisch.

Auch Mair, die eine Arbeitsgruppe zum Thema Whistleblowing leitet, sieht den Schutz für Hinweisgeber in Österreich noch nicht ausreichend gegeben. "Die meisten Whistleblower sind nach einem Jahr nicht mehr im Unternehmen - sie haben gekündigt oder wurden gekündigt", sagt Mair. "Jeder will sofort wissen, wer den Hinweis gegeben hat." Das sei aber die falsche Frage: "Denn viel wichtiger ist doch, ob der Hinweis stimmt."

Datenschützer Krisch empfiehlt Whistleblowern, Hinweise von einem Internetcafé aus mit dem Verschlüsselungsdienst TOR zu senden, nie aber vom Firmen-PC aus. "Am besten fährt der Hinweisgeber mit Verkehrsmitteln, die man nicht nachverfolgen kann, an einen Ort, an dem er sich sonst nie aufhält. Die Hinweise sendet er per Post und ohne Absender ab. Auch sein Handy sollte er zu Hause lassen." Natürlich hänge der begründete Aufwand immer von der Brisanz der Information ab.

Ein leerer Kalender

2013 unternahm der Grünen-Abgeordnete Albert Steinhauser einen Anlauf, um den Schutz der Hinweisgeber in der Privatwirtschaft zu stärken. Sein Entschließungsantrag liegt seither auf Eis. "Im Privatrecht gibt es noch keine Regelung, weil es schlicht niemanden interessiert", sagt Mair. "Ich denke nicht, dass man hier einen generellen Kündigungsschutz braucht. Aber es braucht einen längeren. Und vor allem ist eine bessere Rechtsberatung wünschenswert." Dadurch könnten Hinweisgeber die Chancen und Risiken ihrer Tat besser abschätzen. Bisher klopfe man dem Hinweisgeber mit den Worten "toll gemacht" auf die Schulter. "Aber Whistleblower werden oft sozial diskriminiert, da helfen auch keine neuen Gesetze, da hilft kein Schulterklopfen. Was dann bleibt, ist ein leerer Terminkalender", sagt Karin Mair. (Sophie-Kristin Hausberger, DER STANDARD, 19.2.2015)