Doppelstockeinsatz ist die Technik der Wahl beim Start zum klassischen Sprint. Zunehmend aber nicht nur beim Start, weshalb der klassische Sprint vom Aussterben bedroht ist.

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Frau Smutna läuft ihr letztes WM-Rennen.

Foto: APA/ HERBERT P. OCZERET

"Es kann von heute auf morgen vorbei sein, vielleicht ist es diesmal schon das letzte Mal", sagt Markus Gandler, Österreichs Sportchef für Langlauf. Schon heißt der markanteste Punkt der Faluner Langlaufloipen Mörderbakken, Lebensgefahr herrscht aber dennoch nicht, zumal die Abfahrt nach diesem Anstieg infolge von Athletenprotesten im Vorjahr von Loipenchef Thomas Wassberg, dem je viermaligen schwedischen Olympiasieger und Weltmeister, entschärft wurde. Gandler sieht nur die Zeit für den ersten Bewerb dieser WM ablaufen, für den in klassischer Technik gelaufenen Sprint für Damen und Herren. "Man kann schon sagen, dass dieser Bewerb irgendwie paradox ist. Es gibt ja auch Riesendiskussionen deshalb."

Wortklauberei ist Gandler fremd, weshalb für ihn das erste Paradoxon, nämlich dass Langläufer sprinten, keine Rolle spielt. Zumal der Sprint, für die Saison 1996/97 in den Weltcup eingeführt, den Sport dem Publikum deutlich nähergebracht hat. Sprintloipen, zwischen 1,2 und 1,8 Kilometer lang, sind auch in Städten locker herrichtbar, dazu kommt der Reiz des unmittelbaren Vergleichs, den es bei Distanzrennen nur beim ebenfalls populären Massenstart gibt.

Der Reiz des direkten Vergleichs ist allerdings deutlich unmittelbarer in der freien Technik, also im Skating ohne vorgezogene Spuren. Der Sprint im klassischen Stil kommt weitgehend ohne Rempeleien, ohne Ellbogentechnik aus. Da die Athleten alle ihre eigene Spur haben, kommt es auf gebaut nicht unbedingt an, auch zierlichere Läuferinnen und Läufer haben Chancen. Jene, die den Sprint als schnellste aller möglichen Fortbewegungsarten für Langläufer definieren, haben damit jedoch ein andauerndes Problem.

Nicht kleiner ist das Problem mit der Tatsache, dass bei entsprechend gutem Material, sprich auf Skatingski, die schnellste klassische Sprinttechnik mittlerweile der Doppelstockeinsatz beinahe ohne Mithilfe der Beine ist. "Manchmal wird einfach nur noch durchgeschoben", sagt Gandler. Er führt die Rennen zuletzt in Östersund und davor gar die klassischen zehn Kilometer der Herren in Toblach ins Treffen. "Da wurde erstmals ein Herrenrennen mit Skatingski in der reinen Doppelstocktechnik gewonnen. Die klassische Technik ist in großer Gefahr, dass sie verkommt."

Nicht nur für Sprinter

Immerhin, in Falun spielt es das nicht, dafür ist die 1,4 Kilometer lange Strecke zu selektiv, ganz abgesehen vom entschärften Mörderbakken. "Nicht nur für die Sprinter", charakterisiert Katerina Smutna das Geläuf. Für die 31-Jährige ist das erfreulich, hat sie sich doch in dieser Saison auch wegen Querelen mit dem Verband weitgehend aus dem Weltcup zurückgezogen, um Langdistanzrennen in der Ski Classics Serie zu bestreiten. Andererseits erzielte die gebürtige Tschechin, die seit der Saison 2006/07 für Österreich startet, ihre besten Weltcupergebnisse überwiegend im klassischen Sprint, wenn auch der Sprung auf das Podest nie gelang.

Für ihre insgesamt sechste WM, die fünfte in Diensten des ÖSV, wollte sie diesen Sprung trotz einer kurzen Krankheitspause und nur zweiwöchiger Sprintvorbereitung nicht ganz ausschließen. "Die Schnelligkeit kommt bald wieder." Das erste Ziel ist der Vorstoß ins Semifinale. Und dort, sagen Smutna und Gandler quasi unisono, ist dann vieles bis alles möglich. Fix wäre schon früher, dass Smutna das beste WM-Ergebnis ihrer Karriere (ein elfter Rang vor zwei Jahren mit der Staffel in Val di Fiemme) unterboten hätte.

Ohnehin ist es die letzte Möglichkeit für Smutna, die nach Eliminierung ihres Entdeckers, Trainers und Lebenspartners Radim Duda aus dem ÖSV-Betreuerstab mit der WM abgeschlossen hatte. Erst im Jänner gelang in einem Gipfel mit Gandler und ÖSV-Direktor Hans Pum eine Einigung darauf, dass Smutna den Sprint in Falun mitnimmt. Es könnte ja der letzte klassische sein.

Duda ist als ihr exklusiver Betreuer in Schweden anwesend. Die Einigung erfolgte auch, weil Smutna Ruhe haben wollte, "Ruhe für uns". Sie macht kein Hehl daraus, dass sie eine Babypause plant, "obwohl das ja eigentlich nicht zu planen ist".

Wohl planbar ist aber ihr letzter Saisoneinsatz, nämlich jener am 8. März beim legendären Wasalauf zwischen den Orten Sälen und Mora, unweit von Falun und also auch in der Region Dalarna. An diesem Rennen ist rein gar nichts paradox. Es ist ein wirklich langer Lauf über 90 Kilometer, ein echt klassischer Klassiker, "rein klassisch", sagt Smutna. (Sigi Lützow aus Falun, DER STANDARD, 19.2.2015)