Wieder einmal sorgt die EU-Ebene für Bewegung im reformresistenten Verwaltungsdschungel der Republik. Mit der Umsetzung europarechtlicher Bestimmungen muss auch Österreich eine neue Regelung für die Genehmigung prioritärer Energieprojekte finden. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat sich redlich bemüht, eine neue Behörde recht sanft in die bestehende Verfahrensorganisation einzubetten. Genau darin liegt aber gleichzeitig das Problem.

Zehn Jahre nach dem Scheitern des Österreich-Konvents wurstelt sich die Republik in allerlei Bereichen durch das Aufgaben- und Zuständigkeitswirrwarr und beschränkt sich auf verfassungsrechtlich bedenkliches Stückwerk. Der Energiesektor stellt ein gutes Beispiel dar, gilt er doch als Querschnittsmaterie und spielt somit in alle erdenklichen legislativen und exekutiven Kompetenzen hinein. Naturschutz, Umweltrecht, Wasserrecht, Raumordnung, Gewerberecht und viele andere Belange sind von derartigen Großprojekten betroffen, in deren Genehmigungsverfahren auch der Bürgerbeteiligung Rechnung getragen werden muss.

Das kostet Zeit, viel Zeit, manchmal zu viel Zeit. Zwar hat die Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung Fortschritte gebracht, weil die meisten Rechtsbereiche in einem konzentrierten Verfahren abgedeckt werden, das von einer Behörde geführt wird. Doch zahlreiche Projekte wurden durch das aufwändige Prozedere auf den Sankt- Nimmerleins-Tag verschoben.

Diese Komplexität wird durch die Einbindung einer neuen Energieinfrastrukturbehörde er-höht. Zu den Landesregierungen, dem (schwer eifersüchtigen) Lebensministerium und dem Verkehrsministerium (für Straßen- und Schienenbauten) gesellt sich mit dem Wirtschaftsministerium eine weitere Vollzugseinrichtung hinzu. Es soll jetzt die Umweltverträglichkeitsprüfungen bei Energieprojekten mit europaweiter Bedeutung koordinieren und im Falle von Verzögerungen selbst entscheiden. Typisch österreichisch: Anstatt die Zersplitterung der Zuständigkeiten zu reduzieren, wird eine weitere Instanz darübergestülpt.

Als recht mutig erweist sich der Plan zur Reservierung der notwendigen Trassen für Energieprojekte, mit der Widmungen oder Bauten quasi verhindert werden. Es ergibt wenig Sinn, Projekte in erschöpfenden Verfahren zu genehmigen, um hernach festzustellen, dass die benötigten Flächen nicht verfügbar sind. Schön wäre es freilich, wenn es bereits bei der Aufnahme von wichtigen Energievorhaben eine Einbindung der relevanten Interessengruppen gäbe und diese von der Regierung nicht über den Umweg Brüssel vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Gerade bei der Errichtung neuer Kraftwerke stellt sich die Frage, warum derzeit zahlreiche Stromproduktionen eingemottet und gleichzeitig neue Kapazitäten mit privilegiertem Genehmigungsprozess aufgebaut werden. Doch klar muss auch sein: Wer Atomkraft ablehnt und Versorgungssicherheit fordert, kann langfristig gesehen nicht ständig neue Energieprojekte ausbremsen. Dass Mitterlehner dabei den Konflikt mit den Ländern nicht scheut, ist ihm hoch anzurechnen. Schade, dass derartige Schritte immer mit einer Verkomplizierung der Verwaltung statt mit einer Vereinfachung verbunden sind. Das Beispiel Energie zeigt, dass der Föderalismus auf einen Kurzschluss zusteuert. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, 19.2.2015)