Bild nicht mehr verfügbar.

Der griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis und sein schärfster Gegenspieler Wolfgang Schäuble.

Foto: AP / Michael Sohn

Am Donnerstag hat Griechenland das Ansuchen auf Verlängerung des Hilfsprogramms gestellt. Doch zu welchen Reformen sich das Land dafür zu verpflichten bereit ist, ist dabei immer noch unklar. Und davon wird es letztlich abhängen, ob eine Einigung mit den Eurostaaten gelingt – oder das Land am Monatsende für den Staatsbankrott und den Euroaustritt reif ist.

Zwei Bereiche sind besonders umstritten: Der erste ist der Umgang mit den zuvor vereinbarten Strukturreformen, zu denen die Regierung von Alexis Tsipras bereit ist. Dazu gehört auch das Privatisierungsprogramm, das Syriza ja grundsätzlich ablehnt. Damit wird Athen kaum durchkommen. Aber da auch in der Vergangenheit kaum Privatisierungen durchgezogen worden sind, sollte es möglich sein, das Thema auf die lange Bank zu schieben.

Streitthema Budgetpfad

Die zweite, noch wichtigere Frage ist der zukünftige Budgetpfad. Da gibt es einen gewissen Spielraum. Die Vorgängerregierung von Antonis Samaras hat sich sehr ehrgeizigen Zielen verschrieben, die in der Realität kaum einzuhalten sind. Dabei geht es vor allem um das Primärbudget, also die Bilanz von Einnahmen und Ausgaben vor Zinszahlungen.

Die entsprechenden Zahlen sind etwas widersprüchlich. Der griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis spricht von einem Primärüberschuss von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), den Griechenland im Vorjahr erwirtschaftet hat. Laut Medienberichten fordert die Troika – also EU-Kommission, EZB und IWF – einen dreimal so großen Überschuss in diesem Jahr.

In der Herbstprognose der EU-Kommission war gar von einem Primärüberschuss von 2,7 Prozent im Jahr 2014 die Rede, der heuer auf 4,1 Prozent und nächstes Jahr auf 5,4 Prozent steigen soll. Angesichts einer Zinsbelastung, die mehr als vier Prozent des BIP im Jahr ausmacht, wird Griechenland trotz dieser Bemühungen erst 2016 einen kleinen Budgetüberschuss generieren.

Großer struktureller Überschuss?

Wenn man allerdings das schwache Wachstum in Griechenland berücksichtigt, also das strukturelle Budget misst, dann betrug der Primärüberschuss im Vorjahr unglaubliche acht Prozent, und das Land wies bereits einen generellen Budgetüberschuss von zwei Prozent auf.

Doch auch diese Zahlen sind fragwürdig. Es gibt starke Hinweise, dass der Primärüberschuss zu Jahresende auch wegen des anlaufenden Wahlkampfs stark geschrumpft ist und Griechenland derzeit wieder ein Primärdefizit hat. Das bedeutet, auch ohne jeden Schuldendienst gibt die Regierung mehr aus, als sie einnimmt, und braucht täglich neue Kredite, um die Staatsaktivitäten zu finanzieren.

Die Konjunktur, die im Vorjahr erstmals ein leichtes Plus aufgewiesen hat, dürfte durch die massiven Unsicherheiten, die von der Tsipras-Regierung erzeugt werden, wieder schrumpfen. Und statt einer Verbesserung der Steuereintreibung nehmen die Einnahmen derzeit wohl ab.

Illusionäre Ziele

Was bedeutet das für einen möglichen Deal zwischen der Eurogruppe und Griechenland? Primärüberschüsse von 4,5 Prozent und mehr sind illusionär und würden die soziale Misere in Griechenland weiter verschärfen. Da haben Kritiker wie Paul Krugman recht.

Es wäre schon eine Leistung, wenn es der griechischen Regierung tatsächlich gelingt, den Überschuss von 1,5 Prozent zu halten. Mehr als das sollte die Eurogruppe zumindest derzeit nicht verlangen. Aber das zu fordern ist legitim; das müssten auch Tsipras und Varoufakis akzeptieren.

Für die Umsetzung der großzügigen Wahlversprechen wäre dann allerdings kein Geld da – ein schmerzhafter Rückschlag für die griechische Regierung. (Eric Frey, derStandard.at, 19.2.2015)