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Ukrainische Truppen bei ihrem Abzug aus Debalzewe.

Foto: AP Photo/Vadim Ghirda

Kiew/Moskau/Berlin/Paris - Einen Tag nach der Einnahme von Debalzewe durch die Separatisten wollen Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich das Minsker Friedensabkommen neu starten. Es müssten nun konkrete Schritte für ein Ende der Kämpfe im Osten der Ukraine ergriffen werden, teilte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag nach einer Telefonkonferenz von Kanzlerin Angela Merkel und den Präsidenten von Russland, der Ukraine und Frankreich, Wladimir Putin, Petro Poroschenko und Francois Hollande, mit.

Allerdings erklärte das ukrainische Militär, dass auch nach dem Fall des umkämpften Verkehrsknotenpunkts Debalzewe Rebellen Stellungen der Regierungstruppen angreifen würden. Poroschenko warnte, Voraussetzung für die Umsetzung des Minsker Abkommens sei ein umfassender Waffenstillstand.

Drängen auf den Abzug schwerer Waffen

"Bundeskanzlerin Merkel, Präsident Hollande, Präsident Poroschenko und Präsident Putin kamen überein, trotz des schweren Bruchs der Waffenruhe in Debalzewe an den Vereinbarungen von Minsk festzuhalten", erklärte Seibert in Übereinstimmung mit Erklärungen aus Moskau, Paris und Kiew. Nun müsse mit dem Abzug der schweren Waffen aus dem Kampfgebiet begonnen werden. Putin habe zudem zugesagt, bei den Separatisten auf einen Gefangenenaustausch zu drängen. Nach Seiberts Worten wollen die Außenminister der vier Länder in den nächsten Tagen Einzelheiten der Umsetzung des Minsker Abkommens beraten.

Am Donnerstag vor einer Woche hatten sich Putin und Poroschenko unter Vermittlung von Merkel und Hollande in der weißrussischen Hauptstadt auf einen Fahrplan für eine Ende der Kämpfe zwischen Armee und Separatisten geeinigt. Demnach sollte unter anderem von vergangenem Sonntag an eine Waffenruhe gelten, längs des Frontverlaufes sollte ein demilitarisierter Korridor eingerichtet, den Separatisten Autonomierechte eingeräumt und schwere Waffen aus dem Kampfgebiet abgezogen werden. Da nach Sonntag die Kämpfe um Debalzewe sogar zunahmen, stellten westliche Politiker die Gültigkeit des Minsker Abkommens zwischenzeitlich in Frage.

Ukraine meldet Rebellenangriffe in Mariupol

Poroschenko nannte als Voraussetzung für den Abzug schwerer Waffen einen "umfassenden" Waffenstillstand. Nach Angaben des ukrainischen Militärs ist dieser jedoch nicht erreicht. Armee-Angaben zufolge verletzten die Rebellen mit neuen Angriffen die Minsker Absprachen. 46 mal seien demnach Stellungen mit Raketen, Artillerie und Panzern beschossen worden. Auch die Hafenstadt Mariupol sei mit Panzern und Artillerie unter Feuer genommen worden. Örtliche Militärsprecher berichteten, nachdem die Nacht und der Morgen ruhig verlaufen sei, hätten Rebellen den Ort Schyrokine 30 Kilometer östlich von Mariupol mit Mörsergranaten unter Feuer genommen.

Mariupol hat ähnlich wie Debalzewe einen großen strategischen Wert für die Separatisten und für Russland. Die Stadt am Asowschem Meer liegt auf dem Landweg von den Rebellengebieten im Osten der Ukraine zur Halbinsel Krim. Im März wurde die Krim von Russland annektiert. Russland hat jedoch keine Landverbindung zu der Halbinsel, deren Versorgung über das Meer sehr aufwendig ist.

Poroschenko: Ereignisse in Debalzewe widersprechen Abkommen

Poroschenko warnte nach Angaben auf seiner Web-Seite bei dem Telefonat mit Putin, Merkel und Hollande davor, die Ereignisse in Debalzewe als übereinstimmend mit dem Minsker Abkommen zu werten. Dagegen hatten sich die Separatisten und Russland auf den Standpunkt gestellt, Debalzewe sei von den Vereinbarungen ausgenommen. Der Eisenbahnknotenpunkt ist für die Separatisten von entscheidender Bedeutung, da er ihre Hochburgen Donezk und Luhansk verbindet. In den letzten 24 Stunden der Kämpfe wurden nach Angaben des ukrainischen Militärs 14 Soldaten getötet und mehr als 170 verletzt.

Der ukrainische Präsident forderte, alle ukrainischen Gefangenen, auch die aus Debalzewe, müssten freigelassen werden. Einigkeit zwischen allen vier Staats- und Regierungschefs bestand darin, die Entflechtung der Truppen im Frontgebiet durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beaufsichtigen zu lassen.

Poroschenko sprach sich zudem dafür aus, Polizisten bei der Überwachung der Waffenruhe einzusetzen. "Das beste Format für uns ist ein Polizei-Einsatz der EU", erklärte er im Internet. Schließlich würden die jüngsten Friedensvereinbarungen weder von Russland, noch von den aus Moskau unterstützten Kräften geachtet, erklärte der Präsident nach der Sondersitzung seines Sicherheitskabinetts am Mittwochabend. Die Rebellen wiesen Poroschenkos Vorschlag umgehend zurück. (Reuters, 19.2.2015)