Es zeichnet sich laut Gynäkologe Georg Braune ein Trend zu gewissen Formen der Spirale ab - im Bild Exemplare aus dem Wiener Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch.

Foto: Cremer

Wien - Ein Erlass des Finanzministeriums besagt, dass Verhütungsmittel, für die es den Eingriff eines Frauenarztes braucht, seit 1. Jänner versteuert werden müssen, wie DER STANDARD erfuhr. Dieser Erlass von Herbst 2014 stößt bei Gynäkologen auf Unverständnis. Betroffen von der Versteuerung sind Spiralen und Hormonimplantate, die vom Arzt eingesetzt werden.

"In Wahrheit verteuert sich alles für die Frauen um 20 Prozent", sagt Gynäkologe Georg Braune, stellvertretender Obmann der Bundesfachgruppe Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der Ärztekammer. Laut Gynmed-Verhütungsreport (2012) verhüten neun Prozent der Frauen mit der Hormonspirale, drei Prozent mit der Kupferspirale und zwei Prozent mit einem implantierten Hormonstäbchen.

Preise bis Ende März eingefroren

Derzeit kostet laut Braune beispielsweise eine Spirale, die drei Jahre wirkt, rund 250 bis 300 Euro, eine Fünfjahresspirale zirka 500 Euro. Noch sind diese Preise aktuell: Denn noch werde der 20-Prozent-Aufschlag von den Gynäkologen nicht an die Patientinnen weitergegeben, obwohl der Erlass bereits in Kraft ist. "Ich habe meine Kollegen gebeten, bis Ende März die Preise so zu belassen, wie sie sind", sagt Braune. Man sei auch noch in Gesprächen mit dem Finanzministerium.

Doch dort scheint es darüber nichts mehr zu diskutieren zu geben. Das Ministerium beruft sich auf Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Diese besage "ganz klar, dass das Einsetzen einer Spirale nur dann eine steuerfreie Heilbehandlung ist, wenn damit ein therapeutisches Ziel verfolgt wird", heißt es aus dem Finanzministerium. Ein therapeutisches Ziel liegt unter anderem vor, wenn eine Risikoschwangerschaft zu befürchten wäre.

"Die gegenständliche Klarstellung wurde der Ärztekammer bereits im Vorjahr mitgeteilt", heißt es weiter aus dem Ministerium. Man habe damals auf Ersuchen der Ärztevertretung das Inkrafttreten "erst pro futuro festgesetzt"- also mit 1. Jänner. der Standard suchte auch im Gesundheitsministerium um eine Stellungnahme an. Dort verwies man in der Sache zurück ans Finanzressort.

Arzt moniert Dokumentationsaufwand

Zu dem Umstand, dass Patientinnen mit therapeutischem Ziel von der Einhebung der Mehrwertsteuer ausgenommen sind, gibt Braune zu bedenken, dass Ärzte den Nichtaufschlag der Mehrwertsteuer für die Finanz genau werden dokumentieren müssen. In Anbetracht dieses Aufwands hält der Gynäkologe eine weitere Verteuerung für möglich. "Dann werden das die Kollegen entweder gar nicht mehr machen, oder es wird deutlich teurer", warnt er.

Für die Ärzte selbst müsse die Einhebung der Mehrwertsteuer keinen Nachteil bedeuten - im Gegenteil: "Wenn eine Leistung mehrwertsteuerpflichtig ist, können die hierfür verwendeten Geräte und Instrumente von der Steuer abgeschrieben werden", sagt Braune. Derzeit sei das nicht möglich.

Trend zu kleinen Spiralen

Braune kommt auch der Zeitpunkt des Erlasses suspekt vor: Die anlassgebende EuGH-Judikatur stamme aus 2009. "Gerade jetzt, wo es neue, kleine Spiralen für junge Frauen gibt und sich ein Trend dazu abzeichnet, wird das eingeführt", wundert sich der Gynäkologe.

Er schätzt, dass der Finanz unterm Strich durch die Einhebung der Steuern keine großen Summen bleiben, "ganz grob geschätzt vielleicht 30.000 bis 40.000 Euro für ganz Österreich im Jahr", sagt Braune.

Die Steuerfreiheit bei diesen Verhütungsmitteln - im Jahr 2006 ebenfalls per Erlass bestimmt - habe man damals, so erinnert sich Braune, politisch angesichts der hohen Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen als wichtigen Schritt zu einem günstigeren Zugang zur Verhütung und als besondere Leistung für Frauen verkauft. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 20.2.2015)