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Die russische Börse wurde zuletzt arg gebeutelt. Risikoaverse Investoren positionieren sich bereits jetzt wieder und hoffen auf Gewinne, wenn der Frieden im Ukraine-Konflikt nachhaltig einkehrt.

Foto: Reuters / Maxim Shemetov

Wien - Zurzeit würden wohl nur wenige einen Pfifferling auf ein Investment in Russland geben: Die Wirtschaft liegt so wie der Rubel nach den Sanktionen am Boden; der abgestürzte Ölpreis hat das Land in zusätzliche wirtschaftliche Troubles versetzt. Wenig verwunderlich also, dass zuletzt die US-Ratingagentur Fitch die Bonität Russlands herabgestuft hat: Die Note lautet jetzt BBB- statt BBB. Der Ausblick ist ebenfalls negativ, befindet sich das Land doch in der schlimmsten Währungskrise seit 1998. Damit steht das Land bei Fitch nun auf einer Stufe mit Indien und der Türkei.

Die Ratingagentur rechnet mit einem Eindampfen der russischen Wirtschaft um satte vier Prozent im heurigen Jahr. Ein geringe- rer Konsum und schwindende Investitionen werden nur teilweise durch verstärkte Exporte aufgefangen, halten die Fitch-Experten in ihren Analysen fest. Standard & Poor's (S&P) senkte die Bonität des Landes bereits im Jänner von BBB- auf BB+.

Die russische Börse ist diesem Sentiment entsprechend rasant abgestürzt. Inzwischen liegt das Niveau des russischen RTS-Index, der die 50 wichtigsten Aktien des Landes abbildet, aber wieder bei rund 900 Indexpunkten und damit auf dem Niveau von 2009. Zum Vergleich: In der Spitze hatte der RTS im Jahr 2008 an der 2500er-Marke gekratzt. Allein in den vergangenen zwölf Monaten brach der Index dann um fast 60 Prozent ein, bis er sich im Vorfeld der Waffenruhe in der Ukraine wieder erholte.

Mit dem RTS gingen auch Flaggschiffe wie der Ölriese Lukoil, der russische Energieriese Gasprom oder der "Billa" von Russland, der Konsumgüterkonzern Magnit - noch vor zwei Jahren mit einem Plus von mehr als 60 Prozent Börsenstar des Jahres - unter. Sie alle verloren im vergangenen Jahr bis zur Hälfte ihres Börsenwertes. Die Gefahr, dass die Situation entgleise, sei relativ hoch, sagt Finanzexperte Max Otte.

Frühe Chancen nützen

Trotzdem macht sich in Russland aktuell wieder etwas Entspannung breit - zumindest auf dem Börsenparkett. Am Tag vor der Bekanntgabe des Fitch-Urteils stieg der RTS um fast zwölf Prozent - und das, obwohl so gut wie alle Marktbeobachter mit diesem Downgrading gerechnet hatten. Und in der Woche vor Bekanntgabe des Waffenstillstands legte der Index um zehn Prozent zu.

Für Aufsehen sorgte kürzlich die Meldung, dass Goldman Sachs Aktien der ebenfalls stark im Kurs gesunkenen und hierzulande bestens bekannten russischen Sberbank gekauft hatte. Die Aktie sackte im vergangenen Jahr um rund 46 Prozent ab und notierte damit so niedrig wie schon seit dem Jahr 2009 nicht mehr. Inzwischen konnte auch sie wieder zulegen.

Zur Erinnerung: Goldman Sachs gehört zu zehn Prozent dem Börsenguru Warren Buffett, der sich seinen Anteil am Unternehmen auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, als wohl niemand einen Cent für das Unternehmen ausgegeben hätte, für ein Butterbrot sicherte. Auch wer heute, sich des Risikos bewusst, auf russische Qualitätsaktien setzt, könnte am Ende damit ordentlich verdienen. So wie Buffett, der sich mit einem Kursgewinn von rund 250 Prozent und einer in der Krise fixierten Höchstdividende über ein renditereiches Investment freuen kann.

Wer es jetzt so macht wie der Altmeister, nämlich in der Krise Qualität zu kaufen, kann sich mit etwas Glück die Weißen Nächte in St. Petersburg vor Ort ansehen - und noch mit reichlich Taschengeld klimpern.

Suche nach Werten

Zu den interessanten Titeln gehören wohl neben allen obengenannten sicher auch der Erdölgigant Rosneft, Gasproduzent Novatek und das internationale Softwareentwicklungs- und IT-Outsourcing-Unternehmen Luxoft Holding. Für alle Investments, aber in diesem Fall ganz besonders, gilt: mit Herz, aber die Gier nicht das Hirn übermannen lassen - nicht alles auf eine Karte setzen, nur einen Teil des Portfolios hier anlegen - und Sitzfleisch zeigen.

Es kann nämlich durchaus noch ein Weilchen dauern, bis der russische Kapitalmarkt wieder ordentlich anzieht - auch wenn der RTS in der vergangenen Woche schon um rund zehn Prozent zugelegt hat. Dauerhaft wird die Sicherheit erst wieder an die russische Börse zurückkehren, wenn Frieden im Russland-Ukraine-Konflikt eingekehrt ist. (Reinhard Krémer, DER STANDARD, 20.2.2015)