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Viele beginnen die Fastenzeit mit einem Heringsschmaus.

Foto: HELMUT FOHRINGER/apa

Keine Schokolade? Kein Alkohol? Iss die Hälfte? Am Mittwoch hat die Fastenzeit begonnen. "Menschen fasten seit Jahrtausenden aus den unterschiedlichsten Gründen", sagt Andreas Michalsen, Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde im Immanuel-Krankenhaus in Berlin. "Jetzt wissen wir, dass man damit auch Krankheiten lindern kann."

Der Internist erforscht seit Jahren, was Fasten im Körper bewirkt und wie man das für die Therapie chronischer Krankheiten nutzen kann. Gemeinsam mit anderen Experten verfasste er 2002 in Deutschland die ersten Richtlinien zur Fastentherapie.

Verschiedene Fastenformen

Zu viel versprechen dürfe man sich
 aber nicht, sagt Hans Hauner, Ernährungsmediziner an der Technischen Uni München. "Die meisten Studien sind von schlechter Qualität, sie untersuchen nur wenige Patienten und oft nur im Rückblick. Dass es den Patienten besser ging, kann auch andere Ursachen gehabt haben."

Es gibt verschiedene Fastenformen, eine der bekanntesten ist die nach Otto Buchinger, der als Begründer des Heilfastens gilt. 
Er soll 1917 an einer Mandelentzündung erkrankt sein, die nicht vollständig ausheilte, und als Folge eine postinfektiöse Arthritis mit argen Gelenksschmerzen bekommen haben.

Er fastete drei Wochen, und offenbar ging es ihm danach so gut, dass er das Fasten von da an als Heilmethode propagierte. Beim Buchinger-Fasten nimmt man täglich 200 bis 500 Kalorien in Form von Fruchtsäften und Brühe zu sich und reinigt seinen Körper mit Einläufen. Bekannt ist vielen auch die Kur nach Franz Xaver Mayr: Nach gründlicher Reinigung des Darms lernt man, bewusst und langsam zu kauen. Daneben gibt es diverse andere Konzepte, etwa mit begrenzter Kalorienzahl oder ganz ohne Kalorien.

Hilft bei Rheuma

Am besten untersucht sind die Wirkungen bei rheumatoider Arthritis. In einer norwegischen Studie von 1991 mit 53 Patienten hatten die Betroffenen nach einer vierwöchigen Fastenkur weniger Beschwerden, und die Entzündungswerte im Blut besserten sich. Eine Auswertung von vier weiteren Studien mit 143 Patienten im Jahr 2001 bestätigte die Effekte.

Bei anderen Krankheiten ist die Datenlage jedoch dünner. In kleinen Studien linderte das Fasten die Schmerzen bei Arthrose oder chronischen Schmerzen wie Fibromyalgie. Es verbesserte die Stoffwechselwerte bei Diabetikern, Menschen mit Bluthochdruck brauchten weniger Medikamente. Und in einer Studie mit sechs Krebspatienten hatten diese weniger Nebenwirkungen bei der Chemotherapie.

Fasten hilft - aber nicht jedem

Trotz der mageren Datenlage ist Reinhard Saller, emeritierter Professor für Naturheilkunde am Unispital Zürich, vom heilenden Effekt des Fastens überzeugt. Er rät vor allem bei chronischen Schmerzen dazu, bei Bluthochdruck und metabolischem Syndrom.

Manche Patienten dürften jedoch nicht fasten, zum Beispiel Menschen mit Essstörungen, psychotischen Erkrankungen oder schwerer Leber- oder Nierenkrankheit. "Am besten spricht man das mit dem Arzt ab", rät Saller.

Denn auch die Nebenwirkungen können nicht ohne sein. "Harmlos sind Frieren, Verstopfung, Schwindel und Reizbarkeit", sagt Hauner. Es sei aber auch über Einzelfälle von Herzrhythmusstörungen und akutem Nierenversagen berichtet worden.

"Hat vielen geholfen"

Diese Fälle sind aber extrem selten. Laut Saller überwiegen die positiven Effekte. "In meiner mehr als 30-jährigen Tätigkeit habe ich viele Patienten erlebt, denen das Fasten geholfen hat", so der Experte.

Fasten führt zwar zu Veränderungen, die sich bei einigen Krankheiten positiv auswirkten. Es werden weniger Entzündungs-Botenstoffe gebildet, der Stoffwechsel günstig beeinflusst und körpereigene Endorphine ausgeschüttet. "Aber alle Effekte halten nur so lange an, wie man fastet", sagt Hauner. (Felicitas Witte, derStandard.at, 20.2.2015)