Graz – Schwacher Absatz, strategische Fehler und der Ballast durch die Übernahme von Stiefelkönig zwingen Leder und Schuh zu einer harten Restrukturierung. Wie der dem Standard vorliegende jüngste Geschäftsbericht zeigt, sinkt die Zahl der Filialen seit Jahren – vor allem bei der Tochter Stiefelkönig und in der Grazer Zentrale. Jetzt wurden auf dem Konzernsitz erneut 65 Mitarbeiter zur Kündigung angemeldet. Sie erhalten En- de März den blauen Brief.

Österreichs größter Schuhhandelskonzern weist für 2013 einen Bilanzverlust von 10,2 Millionen Euro aus. Ende Jänner 2014 kündigte ein großes österreichisches Geldinstitut für die Grazer überraschend eine Kreditlinie in Höhe von 18 Millionen Euro, geht aus dem Lagebericht hervor. Im Zuge einer Bankenrunde wurde ein Überbrückungskredit und Stillstand in Bezug auf die Kreditrahmen vereinbart. Dieser gilt nun bis Ende 2016.

Bilder als Sicherheiten

Im April präsentierte die Leder-und-Schuh-Gruppe, die Vertriebslinien von Humanic und Stiefelkönig bis zu Shoe4You, Corti und Dominici in In- und Ausland vereint, eine positive Fortbestehensprognose unter Einbindung externer Berater. Sollten im Zuge der Restrukturierung wesentliche Bedingungen aber nicht eingehalten werden, könnten die Banken die Kredite vorzeitig fällig stellen.

Der Bestand des Unternehmens ist gefährdet, lassen sich die Planungsannahmen und Finanzierungsbedingungen nicht erfüllen, heißt es im Bilanzbericht. Der in Familienbesitz stehende Handelskonzern musste im Zuge der neuen Finanzierung alle Markenrechte, die Bestände des Zentrallagers in Pohorelice und Anteile an österreichischen Tochterfirmen verpfänden. Als Sicherheit dienen zudem Wohnungen der Leder und Schuh. Selbst die ansehnliche Bildersammlung des Unternehmens, Stolz der Familie, ist verpfändet.

Osteuropa als Stolperstein

Leder und Schuh ist in der Vergangenheit stark in Osteuropa expandiert. Intern ging der Traditionskonzern durch eine hohe Zahl unterschiedlicher Vertriebslinien in die Breite. Hohe Overhead-Kosten sammelten sich an. Die Krise schwächte vor allem die Standorte im Osten. Als Fehlgriff sehen Branchenkenner die Übernahme des hart in die Bredouille geratenen Erzrivalen Stiefelkönig. Langjährige Konflikte unter den Eigentümerfamilien und mit früheren Managern belasteten zusätzlich.

2011 glitt das lange Zeit erfolgsverwöhnte Traditionsunternehmen in die roten Zahlen ab. Aus dem Markt kamen zusehends Stolpersteine – in Form großer internationaler Konkurrenten etwa: Finanziell potente Diskonter wie Deichmann erobern laufend mehr Raum. Newcomer wie der polnische Schuhriese CCC zwicken zusätzliche Erlöse ab. CCC eröffnete in Österreich innerhalb kürzester Zeit 17 Filialen, sechs weitere folgen in den nächsten fünf Wochen.

Seit 2012 steht Leder und Schuh im Zeichen der Restrukturierung. Mehrmals wechselte das Management, 2014 wurde die Führungsspitze verkleinert. Vorstand Werner Weber hält die aktuellen Kündigungen für notwendig, um den Weg zur Gesundung der Handelsgruppe fortzusetzen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 21.2.2015)