Der Galan war schneller als die Kanzlerin: Bevor Angela Merkel ihren zu Boden gefallenen Kopfhörer aufheben konnte, überreichte ihn François Hollande ihr mit eleganter Geste, während über ihr Gesicht ein mädchenhaftes Lächeln huschte. Zuvor hatte ihr der französische Präsident ein dickes, weil ehrlich gemeintes Kompliment gemacht: "Angela" habe im Jänner, als Frankreich unter den Charlie Hebdo -Anschlägen erzittert sei, als Erste angerufen und ihren Beistand und ihre Präsenz an der Soli-Kundgebung zugesagt.

Bei ihrem Treffen in Paris betonten sowohl Kanzlerin Merkel wie Präsident Hollande, es bleibe ein "schwieriger Prozess", um den Krieg an der Ostgrenze der Ukraine zu stoppen. Beide sagten fast unisono, es gehe jetzt nicht um neue Sanktionen gegen Moskau, sondern um den Waffenstillstand, den Abzug der schweren Artillerie und den Austausch der Gefangenen. Auf die Frage, ob wirklich russische Panzer in die Ukraine eingedrungen seien, wollten beide von nichts wissen.

Im griechischen Dossier ziehen Merkel und Hollande nicht am gleichen Strick. Hinter vorgehaltener Hand schimpfen die Deutschen über die Franzosen, die zwischen Berlin und Athen lavieren. Hollande erklärte am Freitag im Élysée-Palast wie Merkel, Griechenland müssen seine Verpflichtungen natürlich einhalten. Zugleich erklärte er anders als Merkel, das griechische Wahlresultat müsse "erhört" werden. Die deutsche Kanzlerin stellte nur klar, jedes Verhandlungsergebnis in Brüssel müsse vom Deutschen Bundestag genehmigt werden.

Athen versuchte derweil nach Kräften, einen Keil zwischen Berlin und Paris zu treiben. Hollande habe dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras zugesagt, er werde sich gegenüber Merkel für ihn einsetzen, ließ eine "griechische Regierungsstimme" vor dem deutsch-französischen Treffen verlauten.

Eindruck der Einigkeit

Doch Merkel und Hollande ließen sich nicht auseinanderdividieren. Beide erteilten einem Grexit eine Absage und erklärten, Athen solle in der Eurozone bleiben. Darüber hinaus sind sie alles andere als einig - aber sie vermitteln den Eindruck der Einigkeit. Und darum geht es in Zeiten der Krise, in denen jedes falsche Wort eine Kettenreaktion an der Börsen- oder Ukraine-Front bewirken kann. Merkel und Hollande halten heute zusammen.

Und so halten sie die EU zusammen. Das Machtgespann Deutschland/Frankreich wird von den Kleinen in der EU oder den Briten regelmäßig angefeindet, und oft geschieht das zu recht. Aber derzeit ist der alte Kontinent froh, dass da noch zwei Politprofis sind, die über ihre eigenen Differenzen hinweg die europäischen Fäden zusammenhalten. Oder es zumindest versuchen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 21.2.2015)