Wer noch Zweifel hatte, dass Werner Faymann in der SPÖ nicht mehr das Sagen hat, weiß es jetzt besser: Es war der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der die Änderung der Parteiposition in Sachen Vermögenssteuer bekanntgab. In einem Standard-Interview verkündete Häupl den Verzicht auf die Forderung nach einer Steuer auf die Vermögenssubstanz. Er revidierte damit eine Faymann-Festlegung. Mit diesem Schwenk düpierte Häupl den Partei- und Regierungschef, dem nichts anderes mehr übrigblieb, als zu sekundieren, man gehe einen Schritt auf die ÖVP zu. Nur zu Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hatte sich all das noch nicht durchgesprochen, der - mit der Häupl-Äußerung konfrontiert - noch Durchhalteparolen ausgab, während sich die ÖVP erfreut zeigte.

Der Wiener Bürgermeister hat sich, wie er selbst sagt, als "Wegweiser, wohin es gehen kann", präsentiert. Die SPÖ hat sich mit ihrem Diktum, es müsse eine Reichen- oder Millionärssteuer sein, einbetoniert. Häupl hat damit nicht nur seiner Partei, sondern auch der Regierung einen Ausweg gezeigt. Nachdem der Wiener Bürgermeister eine Hürde aus dem Weg geräumt hat, ist die Koalition einer Einigung zumindest einen Schritt nähergekommen. Ein fortgesetzter Streit in der Koalition über die Steuerreform oder gar Neuwahlen wären Häupl nicht gelegen gekommen.

Er agiert hier durchaus in eigener Sache. Denn im Juni stehen in Wien Landtagswahlen an, und von einer Steuersenkung, die die Reform bringen soll, erhofft sich Häupl eine positive Grundstimmung und damit Rückenwind für den Urnengang in Wien.

Allzu groß wird die Entlastung angesichts der leeren Kassen ohnehin nicht ausfallen. Das Haushaltsdefizit ist wegen der flauen Konjunktur in Österreich, die sogar unter dem Durchschnitt der Eurozone liegt, noch größer als erwartet. Es fehlen rund zwei Milliarden Euro zur Erreichung des strukturellen Nulldefizits im Jahr 2016. Die Verschuldung ist trotz massiver Zusatzbelastungen der Bevölkerung auf den Spitzenwert von 89 Prozent der Wirtschaftsleistung getrieben worden - was sich zuletzt in der Herabstufung der Bewertung durch die Ratingagentur Fitch zeigte. Steuerzuckerln für die Bürger sind nicht drinnen. Aber das neueste SPÖ-Mantra, die Steuerreform müsse für alle "ein höheres Netto vom Brutto bringen", wird sich schon irgendwie erfüllen lassen. Jetzt ist nach dem SPÖ-Schwenk ohnehin die ÖVP am Zug, denn der größere Koalitionspartner wird im Gegenzug für sein Zugeständnis bei einer anderen Sache ein Nachgeben fordern.

Die Erwartung, dass diese Koalition die Steuerreform für eine dringend notwendige größere Reform der sozialen Sicherungssysteme und für Eingriffe in den Föderalismus und die Subventionen nutzt, ist zwar gegeben, die Hoffnung auf Umsetzung ist aber gering. Denn angesichts von vier Landtagswahlen wird diese Koalition wohl kaum den Mut zu Einschnitten und Strukturreformen aufbringen, die auch die Bundesländer betreffen und Fragen im Bildungsbereich lösen, in dem beide Parteien ideologisch festgefahren sind.

Außer Werner Faymann erkennt, dass das seine letzte Chance ist, sich durchzusetzen - in der Partei und in der Regierung. Er ist nach dem nicht gerade berauschenden Parteitagsvotum als Vorsitzender ohnehin angezählt. So ist er eine Marionette anderer Parteigranden. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 21.2.2015)