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Jugendliche Flüchtlinge im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. Mangels geeigneter Länderquartiere stranden auch Asylwerber mit besonderem medizinischen Betreuungsbedarf dort.

Foto: APA/Techt

Das Problem ist nicht neu. Aber es wieder aufs Tapet zu bringen, geht mit einem gewissen Risiko einher. Nämlich, dass sich die darauffolgenden Diskussionen gegen jene wenden, die benachteiligt sind, nicht gegen jene, die seit Jahren keine Lösungen finden.

Die Rede ist von Kindern und Jugendlichen, die alleinreisend als Flüchtlinge nach Österreich kommen und hier um Asyl ersuchen - so genannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Für sie gibt es in Österreich viel zu wenig geeignete Einrichtungen, also Wohngemeinschaften oder Heime, in denen sie ihrem Alter entsprechend untergebracht, betreut und ausbildungsmäßig gefördert werden – so wie es die Republik durch Unterzeichnung und Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention zugesagt hat.

Dach über dem Kopf

Konkret müssen derzeit 750 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge statt in geeigneten Einrichtungen in den Erstaufnahmezentren ausharren, die meisten im Lager Traiskirchen, das als Massenunterkunft bereits vielfach kritisiert worden ist. Sie werden dort verpflegt, haben ein Dach über den Kopf, werden medizinisch betreut.

Doch Schulbesuch zum Beispiel ist nur für jene drin, die noch nicht 15 Jahre alt und damit noch im Pflichtschulalter sind – von einer Lehre ganz zu schweigen. Die Betreuungsressourcen vor Ort reichen für individuelle Wegfindungen nicht aus.

Volksanwalt stellt Missstand fest

Für die Volksanwaltschaft war das dieser Tage Anlass einer Missstandsfeststellung. Die alleinstehenden minderjährigen Flüchtlinge seien weitaus schlechter gestellt als Kinder und Jugendliche aus Österreich in der gleichen Situation, kritisiert Volksanwalt Günther Kräuter. Er fordert unter anderem eine Anhebung der Tagsätze für die Flüchtlingsbetreuung. Denn die 70 Euro pro Tag, die im Rahmen der Grundversorgung pro unter-18-jährigen Asylwerber höchstens zur Verfügung stehen, unterbieten den 120-Euro- Mindestsatz für "einheimische" Jugendliche um nahezu die Hälfte.

Das, so Kräuter, sei eine inakzeptable Ungleichbehandlung – und das Netzwerk Kinderrechte, ein Zusammenschluss von Dutzenden Institutionen und Gruppen der Kinder- und Jugendhilfe, hat einen offenen Brief an Innenministerin und Landeshauptleute über den Missstand verfasst. Man kann nur hoffen, dass die Diskussion diesmal beim Thema bleibt – und lösungsorientiert verläuft.

Unterton behaupteten Asylmissbrauchs

Zuletzt nämlich war über unbegleitete jugendliche Asylwerber vor rund zweieinhalb Jahren öffentlich gesprochen worden – aber nicht etwa im Geiste der Kinderrechtskonvention. Auch im Herbst 2012 stand - anfangs – die schlechte Betreuungssituation der damals 560 in Traiskirchen lebenden Unter-18-Jährigen, darunter ein Dutzend Unter-14-Jährige, im Fokus. Doch daraus wurde rasch ein Streit mit dem Unterton behaupteten Asylmissbrauchs.

So hieß es damals etwa aus dem Innenministerium, die großteils auf Afghanistan stammenden Kinder und Jugendlichen würden großteils auf Schlepper-Rat hin vorausgeschickt, um nach ihrer Asylanerkennung die Restfamilie nachzuholen. Denn die Schlepper wüssten, dass Minderjährige aufgrund internationaler Abkommen und EU-Recht schwieriger rück- oder abzuschieben als Erwachsenen sind.

Ablenkung vom Skandal

Nun mag es im Rahmen von Überlebenskämpfen, die mit Fluchten enden, derlei Kalküls durchaus geben; sie gehen selten auf, weil derlei Familienzusammenführungen in der Praxis nur Einzelfälle sind. Doch die Ablenkung vom ursprünglich aufgezeigten Skandal, dem massenhaften Fehlen altersadäquater Betreuung für minderjährige Flüchtlinge in Österreich, war durch die neu eröffnete Diskussion vor zwei Jahren nahezu perfekt.

Durch eine Diskussion, die auf Kosten des Images von Asylwerbern ging. Die in der heutigen Situation mit – Syrienkrieg bedingt - doppelt so vielen Asylwerbern wie damals noch kontraproduktiver wäre. Statt Polemik und lange Reden braucht es in Österreich möglichst rasch geeignete WGs für viele jugendliche Flüchtlinge.