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Der eine Alexander eroberte viele Länder, der andere Alexander muss (s)ein Land sanieren und reformieren.

Foto: AP / Thanassis Stavrakis

Der Kopf sei jetzt über dem Wasser, sagt Alexis Tsipras, doch wie weit Griechenland schwimmen kann, wird sich schon heute, Montag, zeigen, wenn die Liste der verbindlichen Reformzusagen bei der Eurogruppe eingetroffen ist. Einen drei Seiten langen Entwurf soll der griechische Regierungschef schon am Sonntag nach Brüssel geschickt haben, gewissermaßen zum Vortasten. Denn: Konkrete Zahlen soll es im Athener Papier nicht geben, eher allgemeine Zusagen zum Kampf gegen Steuerflucht, Korruption und Umbau der öffentlichen Verwaltung.

Einen Tag kann sich die griechische Links-rechts-Regierung spielen. Heute, Montag, sind die Banken wegen eines orthodoxen Feiertags geschlossen. Lehnt die Eurogruppe die Vorschläge ab, müsse sie eben wieder zusammentreten, erklärte der griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis am Wochenende. Der Run der Griechen auf die Banken wird sich dann aber wohl noch beschleunigen. Auch läuft die Zeit für die Billigung der Kredithilfe an Griechenland durch die Parlamente der Euroländer aus.

"Ehrlicher Kompromiss"

In einer gravitätisch vorgetragenen Ansprache an die Nation hatte Tsipras am Samstag versucht, das Ergebnis der Eurogruppensitzung vom Vorabend in einen Sieg umzudeuten. Die Übereinkunft in Brüssel annulliere die eingegangenen Verpflichtungen früherer Regierungen zu Kürzungen bei Löhnen und Pensionen, Entlassungen im öffentlichen Sektor, Mehrwertsteuererhöhungen auf Lebensmittel, Medikamente und im Tourismussektor, behauptete Tsipras: "Wir haben einen entscheidenden Schritt getan und den Sparkurs, die Kreditabkommen und die Troika hinter uns gelassen."

Athener Kommentatoren lobten den "ehrlichen Kompromiss" von Brüssel und glaubten, erstmals eine Isolierung des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble zu sehen, dessen sarkastische Äußerungen über Tsipras und Varoufakis gleichwohl wiedergegeben wurden.

Doch die beträchtlichen Zugeständnisse der linken Regierungspartei Syriza, gemessen an ihren Wahlversprechen und der zur Schau gestellten Unbeugsamkeit gegenüber den Kreditgebern, sind nicht zuletzt für die Parteipolitiker selbst offenkundig. Der 92-jährige Europaabgeordnete Manolis Glezos, eine Ikone der griechischen Linken, gab am Sonntag eine vernichtende Erklärung zu den Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und der Eurogruppe ab. "Zwischen dem Unterdrücker und den Unterdrückten kann es keinen Kompromiss geben", sagte Glezos und brach mit Tsipras: "Ich bitte das griechische Volk um Verzeihung, dass ich zu dieser Illusion beigetragen habe."

Bruch mit Tsipras

Glezos' Erklärung wurde von Yiannis Milios, einem finanzpolitischen Vordenker von Syriza, in Umlauf gebracht, was als Signal für den Beginn einer innerparteilichen Auseinandersetzung gesehen wurde. Tsipras wollte schon vergangene Woche die ersten Gesetze durchs Parlament bringen, mit denen der Sparkurs umgedreht würde. Im Abkommen mit der Eurogruppe verzichtet seine Regierung jedoch auf einseitige Schritte, die Belastungen für den Haushalt mit sich brächten.

Stattdessen richtet sich das Augenmerk auf Steuereinnahmen: Finanzstaatssekretärin Nadia Valavani bezifferte ausstehende Steuerschulden von Privatpersonen und Unternehmen auf 76 Mrd. Euro. Sie bietet bis 30. April einen Erlass von 50 Prozent an. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 23.2.2015)