Bild nicht mehr verfügbar.

Norwegens Farben dominieren in Falun. Doch die deutschen Kombinierer (Johannes Ryzek) holten schon zweimal Gold.

Foto: AP/Matthias Schrader

Skispringen in Falun ist, wenn sich die Lugnet-Arena in Richtung Stadt entleert. Nur ein paar Norweger, die wegen ihres nahen Zeltlagers ohnehin am Berg bleiben müssen, eine Anzahl der allgegenwärtigen polnischen Skisprungenthusiasten, ein paar wenige Deutsche sowie kleine Grüppchen aus aller Herren Länder blieben am Samstagabend und sahen Rune Velta auf der Normalschanze triumphieren.

Es war die vierte norwegische Goldene der 50. nordischen Weltmeisterschaft. Eine vom 25-jährigen Debütsieger heftig beweinte, eine vom verantwortlichen österreichischen Trainer Alexander Stöckl erstaunlich sachlich analysierte - "Er ist vielleicht nicht das größte Talent, hat aber richtig viel dafür gearbeitet" - und eine dem Trend entsprechende.

Der nordische Sport wird zunehmend Angelegenheit einiger ganz weniger Länder, allen voran Norwegens, dessen Norges Skiforbund der Einzige ist, der in allen Sparten - Langlauf, Skisprung, Kombination - nur mit Siegen wirklich glücklich sein kein. Gleiches gilt für den nicht unter dem Dach des internationalen Skiverbandes (Fis) hausenden bewaffneten Langlauf, der, ebenfalls ausgelagert, in Norwegen dem Norges Skiskytterforbund unterliegt.

Die letzte nordische WM, die am Ende nicht Norwegen im Medaillenspiegel in Front sah, ereignete sich 1997, als ausgerechnet in Trondheim Russland die Gastgeber ausstach. Seither steht die Konkurrenz ganz im Zeichen von Rot-Weiß-Blau, zunehmend deutlicher sogar. Vor zwei Jahren in Val di Fiemme räumte Norwegen 19 Medaillen, davon acht aus Gold ab, zwei Jahre davor in Oslo, als Österreich alle fünf Skisprungkonkurrenzen und die beiden Kombi-Teambewerbe gewann, waren es gar 20 Medaillen, darunter ebenfalls acht Goldene.

Die konkurrierenden Nationen hinken jeweils in zumindest einer Sparte hinterher. Deutschland, Österreich und Japan beispielsweise sind im Langlauf ohne Medaillenchance, Polen ist es in der Kombination, dahinter folgen die Nationen mit quasi zwei Pferdefüßen, allen voran die diesmal gastgebenden Schweden.

Auch lokal ganz egal

Der letzte schwedische Sieg im Weltcup der Skispringer liegt 24 Jahre zurück, er gelang Staffan Tällberg. Der Springerei brach vor zehn Jahre der schwedische Skiverband mit der Vorgabe das Genick, sich künftig ausschließlich selbst zu finanzieren. In Falun wurden zwar sehr zum Unwillen der sehr lokal Steuer zahlenden Einwohner die beiden Schanzen mit zweistelligem Millionenaufwand für die WM umgebaut, für die versprochene Kleinschanzenanlage, die dem Nachwuchs zugutekommen soll, gab es aber noch nicht einmal den Spatenstich.

Dem Normalschanzenspringen wohnte Jan Boklöv, Entdecker des V-Stils und Weltcupgesamtsieger 1988/89, weitgehend unbehelligt, weil im Volk längst vergessen bei. Noch weniger können die Schweden wohl mit dem Namen Christian Inngjerdingen anfangen. Dabei ist der 18-Jährige der beste Skispringer des Landes, quasi Schwedens aktueller Stefan Kraft. Inngjerdingen tummelt sich in der zweiten Leistungsklasse, dem Kontinentalcup. In der Gesamtwertung liegt er auf Rang 111.

Nur in der Kombination tritt die vorgeblich nordische Nation Schweden noch bescheidener, man könnte auch sagen: noch peinlicher auf. Die jüngsten Meisterschaften schmückten genau zwei Athleten. Ein 14-Jähriger trug den Titel davon, ein 24-jähriger Hobbyskispringer ist jetzt sein Vize. Dass schwedische Zuschauer weder mit dem Skispringen noch mit der Kombination irgendetwas anfangen können, dass sie nach Langlaufbewerben in Falun die Wettkampfstätten fluchtartig verlassen, nimmt also wirklich nicht wunder.

Nicht unähnlich ist die Lage in Finnland, das in zwei Jahren mit Lahti den WM-Gastgeber spielt. Schlimmer ist, dass die Finnen auch im Langlauf kaum noch reüssieren. Die Skispringer hüpfen weit weg von der Musik, auf der Normalschanze war Altstar Janne Ahonen als 15. der Beste. Finnische Fans sind in Falun denn auch kaum auszumachen.

Für den letzten WM-Bewerb am Samstag, die 50 km der Langläufer mit Massenstart, werden übrigens mehr als 50.000 Zuseher erwartet. Auch wenn ein schwedischer Triumph wie 1993, als Torgny Mogren an gleicher Stelle Gold holte, eher unwahrscheinlich ist, wird die Stimmung toll sein. Ein Skispringen oder eine Kombination kann ja im Anschluss nichts mehr kaputtmachen. (Sigi Lützow aus Falun, DER STANDARD, 22.2.2015)