Durch eine Datenbrille werden Objekte für Magic-Leap-Nutzer direkt vor den Augen projiziert.

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Mittlerweile ist das Start-up Magic Leap längst kein Geheimtipp mehr: Seit im vergangenen Herbst ein Investorenkonsortium rund um Google mehr als eine halbe Milliarde Dollar in Magic Leap investiert hat, weiß jeder in der IT-Branche, dass in dessen Räumlichkeiten in Florida möglicherweise eine der interessantesten Zukunftstechnologien entsteht. Denn Magic Leap will, wie der Name schon sagt, die Magie und Illusion zurück in das moderne Leben bringen. Dazu setzt das Unternehmen auf Augmented Reality, also auf die Erweiterung des "alltäglichen Blicks" um digitale Zusatzinformationen.

Erstaunlich echt

Dabei könnte es sich, ganz profan, um Daten, Landkarten oder Erklärungen handeln. Eindruck schindet Magic Leap aber vor allem mit seinen 3-D-Figuren, die sich scheinbar nahtlos in die Umgebung einfügen. "Die Logik sagt mir, dass soeben kein riesiges, behörntes, blaues Monster um mich kreist", schreibt die Journalistin Rachel Metz, "aber es sieht so verdammt echt aus." Metz erhielt für "Technology Review" eine umfassende Vorführung von Magic Leap. Sie erzählt, dass die Projektionen sich erstaunlich echt anfühlen, dem Start-up also ein Durchbruch im Bereich Virtual/Augmented Reality zuzutrauen ist.

Immer wieder gescheitert

Der Wunsch nach 3-D-Medien zieht sich schon seit mehr als 180 Jahren: Bereits 1838 erfand der Brite Charles Wheatstone ein Stereoskop, das mit je einem Bild für das rechte und linke Auge einen Raumeffekt erzeugen sollte. Im Jahr 1922 erschien der erste 3-D-Stummfilm, vierzig Jahre später das erste Headset. Erfolgreich waren diese Innovationen nicht: Zu schlecht sah das Ergebnis aus, zu anstrengend war das Nutzungserlebnis. Denn 3-D-Technologien erzeugten beim Betrachter oft Übelkeit und Kopfweh, da unser Gehirn sehr sensibel auf divergierende Raum- und Lageinformationen reagiert; vor allem, wenn dazu noch die Sensorik fehlt (also quasi das umgekehrte Erlebnis dazu, mit geschlossenen Augen Achterbahn fahren).

Streng geheim

Magic Leap umgeht dies mit einer neuen, im Detail aber streng geheim gehaltenen Technologie: Laut "Technology Review" projiziert eine Brille die Illusion direkt auf die Netzhaut. Dadurch fügen sich die computergenerierten Objekte so geschmeidig in das Gesamtbild ein. Dadurch, dass die Projektion so nah an den Augen entsteht und konstant mit deren Bewegungen mitwandert, wird deren Betrachtung um einiges komfortabler, so der Informatikprofessor Gordon Wetzstein, der in Stanford unterrichtet.

Marktreife: Bald

Wann die Magic-Leap-Brille, die in ersten Patentanträgen einer Sonnenbrille ähnelt, Marktreife erlangen wird, ist noch unklar. Vermutlich wird es noch ein bis zwei Jahre dauern, dann soll das Gerät aber laut CEO Rony Abovitz in der "Preisklasse aktueller Highend-Smartphones" angesiedelt sein. Bis dahin dürfte aber schon längst Hauptkonkurrent Oculus Rift erschienen sein: Das Unternehmen, das zu Facebook gehört, verfolgt einen zu Magic Leap diametralen Ansatz – denn anstatt Illusionen in den Raum zu heben, entführt Oculus den Nutzer komplett in eine virtuelle Realität.

Druck steigt

Ein Ansatz, den auch Microsoft verfolgt: Im Jänner stellte der IT-Gigant seine "HoloLens" vor, die einst die Steuerung des neuen Betriebssystems Windows 10 revolutionieren soll. Magic Leap steht also zusehends unter Druck, seine potenziell Milliarden Dollar schwere Technologie für den Massenmarkt einsatzfähig zu machen. "Zuerst haben wir uns gefragt, ob das überhaupt irgendjemanden interessiert", so Magic-Leap-CEO Abovitz zum "Technology Review", und er ergänzt: "Jetzt wissen wir: 'Okay, die Leute sind begeistert.'" Jetzt fühle sich der Druck plötzlich doch anders an. (fsc, derStandard.at, 23.2.2015)