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Jack Straw nach Bekanntwerden der Vorwürfe

Foto: REUTERS/Paul Hackett

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Malcolm Rifkind auf einem Archivbild aus dem Jahr 2013

Foto: AP/Parliamentary Recording Unit

Ungemach für die in London regierenden Konservativen, aber auch für die oppositionelle Labour-Partei wenige Wochen vor den Wahlen: Zwei Ex-Außenminister gingen falschen Lobbyisten auf den Leim.

Zehn Wochen vor der Unterhauswahl wird das britische Parlament erneut von einem Finanzskandal erschüttert. Ausgerechnet zwei der erfahrensten Abgeordneten, die früheren Außenminister Malcolm Rifkind und Jack Straw, ließen sich von einer angeblich in China ansässigen Firma als Lobbyisten zu Tagesgagen von bis zu 6800 Euro anwerben. Doch in Wirklichkeit handelte es sich um Journalisten des Daily Telegraph und des Senders Channel Four. Sowohl der Konservative Rifkind wie Labour-Mann Straw zeigten sich selbst beim Integritätsbeauftragten des Parlaments an; beide beteuern ihre Unschuld.

The Telegraph

Vor der letzten Wahl mussten 2009 dutzende Abgeordnete zurücktreten, weil sie sich auf anrüchige oder gar illegale Weise Spesengelder hatten auszahlen lassen. Immer wieder gerieten Parlamentarier zudem in den Verdacht, sich ihre Kontakte vergolden zu lassen. Zwei frühere Labour- Minister prahlten vor Undercover-Reportern, man könne sie "mieten wie ein Taxi".

89.448 Euro Zubrot

Von derlei Politik-Prostitution ist im jüngsten Skandal nicht die Rede. Die beiden Ex-Spitzenpolitiker Straw und Rifkind sollten Mitglieder eines Beirats der (fiktiven) Firma werden und chinesischen Investoren Türen in Europa öffnen. Dies wäre nach geltenden Regeln legal: Die Abgeordneten dürfen sich zu ihrem Gehalt von umgerechnet 89.448 Euro Zubrot verdienen, müssen diese Summen aber offenlegen.

Premierminister David Cameron verteidigte diese Regelung am Montag: Dem Parlament sei damit gedient, wenn seine Angehörigen "Erfahrungen aus anderen Bereichen" einbringen könnten. Hingegen will Labour-Oppositionsführer Edward Miliband ein Verbot einführen: "Kandidaten meiner Partei dürfen zukünftig keine bezahlten Nebenjobs annehmen."

Für Straw, 68, endet mit dem Skandal eine 36-jährige glänzende Parlamentskarriere unrühmlich. Er hatte schon den Labour-Premiers Tony Blair und Gordon Brown als Innen-, Außen- und Justizminister gedient. Sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe trat Straw aus seiner Fraktion aus.

"Unter dem Radar"

In Medieninterviews äußerte sich Straw beschämt darüber, den Undercover-Rechercheuren in die Falle getappt zu sein. Er operiere am liebsten "unter dem Radar", hatte Straw erklärt und sich damit gebrüstet, er habe für einen anderen Klienten erfolgreich die EU-Gesetzgebung beeinflusst.

Der gleichaltrige Rifkind will sich für die Konservativen wiederum im sicheren Londoner Wahlkreis Kensington bewerben - das aber könnte nach seiner Suspendierung aus der Fraktion schwierig werden. Der frühere Verteidigungs- und Außenminister amtiert in dieser Legislaturperiode als Vorsitzender des britischen Geheimdienst-Ausschusses.

Kritiker wie der Labour-Abgeordnete Tom Watson forderten den erfahrenen Kronanwalt am Montag zum Rücktritt von diesem Posten auf, was Rifkind allerdings zurückwies. Die geplante Lobby-Tätigkeit habe "nicht im Entferntesten mit Geheimdiensten oder innerer Sicherheit zu tun" gehabt. Er wehre sich mit aller Kraft gegen den Vorwurf, ein Unrecht begangen zu haben. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 24.2.2015)