Bild nicht mehr verfügbar.

Über Roman Polanskis Zukunft wird ab Mittwoch entschieden.

Foto: Reuters

Warschau - In diesem Sommer will Roman Polanski in Warschau ein Drama über die Dreyfus-Affäre drehen, über den jüdischen Offizier der französischen Armee, der im 19. Jahrhundert fälschlich des Verrats beschuldigt wurde. Doch zuvor muss der Regisseur sein eigenes Justizdrama überstehen. Am Mittwoch verhandelt das Bezirksgericht Krakau über einen Auslieferungsantrag der USA. Ihm wird Vergewaltigung vorgeworfen - es geht um Sex mit einer 13-Jährigen im Jahr 1977.

"Ich vertraue auf die polnische Justiz", sagt Polanski. Der Regisseur mit französischer und polnischer Staatsbürgerschaft will zur Verhandlung kommen. Seine Anwälte haben bereits beantragt, die Öffentlichkeit auszuschließen. Wie lange das Verfahren dauert, ist noch unklar.

Stadt seiner Kindheit

Für Polanski, der seit mehreren Jahren eine Wohnung in Krakau hat, geht es nicht nur um das bei einer Auslieferung scheiternde Filmprojekt, die Angst vor einem Schuldspruch in den USA oder eine eventuelle Flucht nach Frankreich, das ihn nicht ausliefern würde. Es geht auch um seine wieder intensiver gewordene Beziehung zu Polen, zu Krakau, der Stadt seiner Kindheit, die ihm versperrt bliebe, wenn er dort um seine Freiheit fürchten müsste.

In Polen hatte Polanski erste Erfolge, hier verehren ihn auch heute viele Kinogänger. Als er 2001 für die Arbeit an "Der Pianist" nach Polen zurückkehrte, wurde das in Polen enthusiastisch gefeiert. Der Film war auch die Aufarbeitung des eigenen Kindheitstraumas: Polanski, Kind polnischer Juden, überlebte in einem Versteck das Krakauer Ghetto und den Holocaust. Aber seine Mutter wurde von den Nazis in Auschwitz ermordet.

In Polen gehen die Meinungen auseinander. Auf einigen national-katholischen Webseiten wurde er als Pädophiler gebrandmarkt. Der nationalkonservative Politiker und ehemalige Justizminister Zbigniew Ziobro meinte, Polanski genieße dank seiner Berühmtheit und "einflussreicher Freunde" Schutz.

Tomasz Lis, Chefredakteur von Newsweek Polska, schrieb dagegen: "Wenn Roman Polanski Nazi wäre, hätte er in Amerika höhere Chancen, verschont zu bleiben, als jemand, der für eine Jahrzehnte zurückliegende Vergewaltigung angeklagt wird."

Polens Generalstaatsanwaltschaft zeigte sich in einem 2010 erstellten Expertengutachten skeptisch, ob die Grundlagen für eine Auslieferung überhaupt erfüllt seien: Eine Vergewaltigung sei nach polnischem Recht bereits verjährt. (dpa, DER STANDARD, 23.2.2015)