Einer der gelöschten Charaktere des 11-jährigen Spielers.

Foto: Yotube

Per Share-Play-Funktion können PlayStation-4-Spieler Freunde über das Internet einladen, um mit ihnen zu spielen, als würden sie gemeinsam vor dem Fernseher sitzen. So lässt sich virtuell der Controller überreichen und beispielsweise abwechselnd oder gleichzeitig ein Game genießen. So kann man selbst einer Person die Kontrolle über sein Spiel geben, die tausende Kilometer entfernt von einem ist.

Dass dieses Feature auch missbraucht werden kann, zeigte sich Anfang Februar, als ein Elfjähriger eine Online-Bekanntschaft beim Sci-Fi-Shooter "Destiny" um Hilfe bat und diese kurzerhand aus Bosheit beinahe sämtliche Fortschritte des jungen Spielers löschte.

Live übertragen

Bekannt wurde der Vorfall, weil das Spiel des Buben live via Twitch übertragen wurde. Der Bub hatte den Übeltäter über das PlayStation Network (PSN) kennengelernt, da er mit Bekannten zusammengespielt hatte, denen er vertraute. Über das PSN kann man sehen, welche Freunde die eigenen Kontakte haben und über eine Party-Funktion gemeinsam Chatten und an Spielen teilnehmen.

Der Fremde bot dem Buben an, ihm einen Glitch in "Destiny" zu zeigen, um dessen drei Spielcharaktere schneller hochzuleveln. Doch wie in dem Video zu sehen ist, nutzte der Fremde seine Kontrolle über das Spiel des Elfjährigen aus, um zwei der weit fortgeschrittenen Charaktere (ein Level 31 Warlock und ein Level 26 Titan) sowie einige seltene Ausrüstungsgegenstände (Legendary Items) zu löschen.

Die Mutter warnte

Der Bub war für einen Moment von seinem Fernseher weggegangen und kam erst zurück, als es schon fast zu spät war. Bevor auch noch der letzte Charakter gelöscht werden konnte, schaltete er die Konsole ab. Den angerichteten Schaden realisierend hört man den Spieler am Ende des Videos weinen. Dutzende Spielstunden und hart erkämpfte Erfolge wurden in wenigen Momenten zunichte gemacht.

Das Video dürfte von der Mutter des Spielers auf Youtube hochgeladen worden sein. In einem Interview mit der Seite Eurogamer erklärt sie, sie habe ihren Sohn immer wieder davor gewarnt, persönliche Informationen im Internet preiszugeben und vorsichtig zu sein. Selbst wenn es sich um Bekannte von Personen handelt, die man im realen Leben kennt.

Während "Destiny" in Europa nach PEGI erst ab 16 Jahren freigegeben ist, liegt die unverbindliche Altersempfehlung in den USA nach ESRB bei "Teen" (ab 13 Jahren). Insofern scheint es die Mutter auch nicht zu stören, dass ihr junger Sohn einen Shooter spielt.

Bungie bedauert

"Destiny"-Hersteller Bungie bedauerte in einer Stellungnahme den Vorfall und bettete das Video in einer Mitteilung an die Community ein. In diesem Fall könne man aber nichts mehr machen, der Spieler habe freiwillig die Kontrolle über sein Spiel abgegeben.

In Zukunft möchte der Entwickler jedoch Sicherheitsvorkehrungen einrichten, die derartige Schäden rückgängig machen können. Bis dahin sollten Spieler besonders gut auf ihre Charaktere aufpassen und sie vor Trollen beschützen.

Account missbraucht

Der Übeltäter wird unterdessen eher schwer ausfindig zu machen sein. Der genutzte PSN-Account des Trolls gehört einem jungen Mann, der sich zu dieser Zeit allerdings gerade von einem schweren Unfall regenerierte. Gegenüber Game Informer erklärte er, er wisse nicht, wer in dieser Zeit mit seiner Konsole gespielt habe. Er sei erschüttert und verärgert, dass jemand seinen Account für so eine bösartige Aktion missbraucht hat.

Der Elfjährige erhält seit dem Vorfall viel Unterstützung aus der Community. Erfahrene Spieler helfen ihm, seine neuen Charaktere hochzuleveln. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 24.2.2015)