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Die neue kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic

EPA / Antonio Bat

Zagreb/Sarajevo - Nachdem die neue kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic in einem Schreiben an Premier Zoran Milanovic dessen Rücktritt als "konkretesten Vorschlag für den Ausweg aus der Krise" gefordert hatte, schrieb dieser ihr am Dienstag zwar zurück, ging aber auf die Rücktrittsforderung nicht ein. Auf Journalistenanfragen sagte er: "In Kroatien kann es nicht zwei Regierungen geben."

Bereits vergangene Woche kursierten Gerüchte, wonach Milanovic vorzeitige Neuwahlen am 17. Mai plane und eine Auflösung des Parlaments anstrebe. Der Analyst Davor Gjenero sagt, dass die konservative HDZ, zu der Grabar-Kitarovic gehört, jedoch nicht bereit gewesen sei, in dieser Sache mit dem sozialdemokratischen Premier zu kooperieren.

Grabar-Kitarovics Rücktrittsforderung sei aber eine Folge dieser Neuwahlspekulationen und ein taktisches Spiel. "Der Wahlkampf hat bereits begonnen." Milanovic habe vorgezogen Wahlen gewollt, weil er fürchten müsse, dass sich rund um Expräsident Ivo Josipovic eine neue linke Wahlalternative zu den Sozialdemokraten formiere, so Gjenero. Je früher die Wahlen stattfänden, desto weniger Zeit habe Josipovic dafür.

Wirtschaftskrise

Tatsächlich habe Grabar-Kitarovic als Staatspräsidentin gar keine verfassungsrechtlich verankerten Möglichkeiten, den Rücktritt des Premiers zu bewirken. Ihre Partei, die HDZ, liegt aber in Umfragen vorn - die regierenden Sozialdemokraten haben auch aufgrund der andauernden Wirtschaftskrise schlechte Werte. Gjenero glaubt, dass Milanovic nun auf "stur stellen" werde und dass das Parlament wahrscheinlich erst Mitte Juni aufgelöst werde und die Wahlen im September stattfinden könnten.

Kroatien, das wegen seiner Haushaltspolitik durch ein Defizitverfahren der EU kontrolliert wird, hat bisher kaum Strukturreformen durchgeführt. Der Zagreber Ökonom Vladimir Cavrak glaubt aber nicht, dass von der EU im Wahljahr 2015 großer Druck zu erwarten ist. Er rechnet heuer mit einem ganz schwachen Wirtschaftswachstum um 0,2 Prozent. Kroatien befand sich in den vergangenen sechs Jahren in einer Rezession. Positive Effekte aus den EU-Mitteln, die nach dem Beitritt 2013 bereitstehen, erwartet Cavrak erst im zweiten Halbjahr.

Die Präsidentin, die erst seit zehn Tagen im Amt ist, thematisiert häufig die Wirtschaftskrise und fährt einen nationalistischen Kurs. So unterstützt sie demonstrierende Kriegsveteranen und sprach sich für eine "dritte Entität" für die Kroaten in Bosnien-Herzegowina aus, durch deren Stimmen sie die Wahl gewann. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 25.2.2015)