Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, das Verhältnis von Staat zu Religion auszugestalten. Der Staat kann religiösen und nichtreligiösen Weltanschauungen neutral oder nichtneutral gegenüberstehen.

Aus einer neutralen Position erkennt der Staat Religion als Privatsache. Sie wird als persönliches Merkmal wie etwa Haarfarbe oder Augenfarbe betrachtet, das nicht dazu geeignet ist, Menschen zu kategorisieren. Der Staat steht Glauben oder Überzeugung indifferent gegenüber und enthält sich sowohl der Diskriminierung als auch der Privilegierung. Das entspricht dem Prinzip der Laizität.

Der Staat hindert dadurch Gläubige natürlich nicht daran, sich zu organisieren und ihre Religion im allgemeingültigen Rechtsrahmen auszuüben. Laizität ist der Garant für echte Religionsfreiheit - ohne Sonderrechte, ohne Einschränkung von Rechten.

Österreich hingegen versucht, religiöse Neutralität auf einem anderen Weg herzustellen, nämlich indem für jede anerkannte Religion ein eigenes Gesetz erlassen wird - mit Ausnahme jener, die durch einen völkerrechtlichen Vertrag (Konkordat) privilegiert ist. Damit nimmt der Staat zunächst eine Unterscheidung in religiöse, anerkennungsfähige und nichtreligiöse Weltanschauungen vor. Es wird also angenommen, hier läge Ungleiches vor, das dann eben auch ungleich zu behandeln sei. Konsequenterweise müssten die anerkannten Religionen gemäß dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz untereinander gleich behandelt werden, natürlich unter Berücksichtigung inhaltlich-religiöser Besonderheiten, die auch jetzt nur einen sehr kleinen Umfang in bestehenden Religionsgesetzen einnehmen. Darunter fallen aber bestimmt nicht die Finanzierung, die Aufforderung, sich an Gesetze zu halten, Subventionen etc.

Genau diese Ungleichbehandlung wird aber bei der Beschlussfassung des neuen Islamgesetzes im Nationalrat vollzogen. Die oft behauptete Voraussetzung der Ungleichheit, die eine Ungleichbehandlung nach sich zöge, gibt es nicht. Das Islamgesetz enthält dennoch im Vergleich zu anderen Religionsgesetzen geradezu dramatische Schlechterstellungen (Generalverdacht, Verbot der Auslandsfinanzierung, keine Subventionen etc.), die jede für sich eine Ablehnung rechtfertigen. Insgesamt ist das Gesetz auch aus prinzipiellen Gründen der Nichtgleichbehandlung abzulehnen.

Natürlich sind Religionen inhaltlich verschieden, aber so wie jede GmbH vor dem GmbH-Gesetz gleich behandelt wird, sollte das auch für Religionsgemeinschaften - idealerweise mit einem für alle gültigen Religionsgesetz - gelten.

Echte Laizität unter Einbeziehung nichtreligiöser Weltanschauungen wäre freilich eine noch elegantere Lösung. (Niko Alm, DER STANDARD, 25.2.2015)