Ruhe ist erstrebenswert, zumal bei einem Event wie einer Weltmeisterschaft, das die Zahl der Zubettgeher einer Kleinstadt nächte- und also auch tageweise verdrei- bis verfünffacht. Man kann es natürlich auch übertreiben und sich ein Retreat aussuchen, das einen recht bald vor Langeweile quietschen lässt.
Ein beeindruckendes Beispiel dafür liefern Österreichs Springer und Kombinierer, die während der WM zehn Autominuten außerhalb Faluns in einer gewiss idyllischen Ferienanlage am sechstgrößten schwedischen See logieren. Der ist um diese Jahreszeit meterdick zugefroren, was den hier sommers gerne gefrönten Wassersport schwierig macht. Der Chef der Springer- und Kombipartie gestand ein, dass es ihm schon lange nicht mehr so langweilig gewesen sei wie in diesem Quartier - und dass er sich auf seine mittelalterlichen Tage tatsächlich genötigt sah, laufen zu gehen. Die Sportler tun sich mit der Einsamkeit leichter, Skispringen zum Beispiel ist eine äußerst einsame Angelegenheit.
Man kann natürlich auch dem wilden Järv auflauern, der ja, weil er ein Vielfraß ist, viel unterwegs sein muss im Wald. Schließlich wäre Eisfischen eine Alternative zum Laufen und Lauern. Die hiesigen Eisfischer scheitern aber in unschöner Regelmäßigkeit, weil die Löcher, die sie bohren, nie groß genug sein können, um die riesigen Hechte, die Schwedens Seen bevölkern, herausziehen zu können. Das mag aber eine Geschichte sein, die sich der Hüter der Ferienanlage nur ausgedacht hat. So fad, dass er laufen gehen muss, kann dem gar nicht werden. (Sigi Lützow - DER STANDARD, 25.2.2015)