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Ihre Forderung nach einer Erhöhung der Sozialausgaben zur Abfederung der Folgen der Krise hat die neue Syriza-Regierung durchgebracht.

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Erleichtert nach Tagen und Nächten der Anspannung: Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem zeigte sich am Dienstag nach Sichtung der aus Athen eingelangten Reformvorschläge zufrieden. Allerdings bleibe noch ein langer und mühsamer Weg zu gehen.

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Brüssel/Athen/Wien - "Es schaut ganz gut aus" hieß es am Dienstag bereits am späten Vormittag in Expertenkreisen der Eurogruppe in Brüssel, die über den "druckfrischen" Reformplänen der Regierung in Athen brüteten. Der griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis hatte in der Nacht zuvor - rechtzeitig vor dem vereinbarten Termin Mitternacht - den Text mit seinen neuen Wünschen übermittelt.

Darin waren jene Maßnahmen aufgelistet, mit denen er einerseits deutlich höhere Steuereinnahmen aus der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption erzielen will, um auf der anderen Seite Mittel zur Milderung der katastrophalen sozialen Lage bei den Verlierern der Sparprogramme freizumachen. Athen hofft darauf, 800 Millionen Euro durch Unterbinden des illegalen Zigarettenhandels zu erlösen, doppelt so viel beim Stopp des Schwarzverkaufs von Treibstoff.

Durch das Eintreiben von Steuerschulden und neue Steuern für Reiche sollen gut fünf Milliarden Euro in die Staatskasse gespült werden. Ob das realistisch ist, ist eine entscheidende Frage. Dies alles darf gemäß dem gemeinsamen Beschluss der Eurogruppe von Freitag aber nicht dazu führen, dass der geltende Finanzrahmen im aktuellen Eurohilfsprogramm bzw. die Schuldentragfähigkeit des Landes gefährdet wird. Nur dann können einzelne nationale Parlamente wie in Finnland oder in Deutschland einer Verlängerung - konkret der Auszahlung der noch ausstehenden Milliardenkredite - im Umfang von rund sieben Milliarden Euro zustimmen.

Anhebung des Mindestlohns aufgeschoben

Um dieses "Package" ausreichend darstellen zu können, mussten die Mitarbeiter von Varoufakis und die Experten der "Institutionen", der alten Troika, noch einige Anpassungen vornehmen, damit die Zahlen plausibel erscheinen. So erklärte sich der griechische Finanzminister etwa bereit, vorläufig auf die konkrete Anhebung der Mindestlöhne auf 751 Euro zu verzichten. Darüber soll nun später mit den EU-Partnern entschieden werden. Und er stellte bereits erfolgte Privatisierungen entgegen bisherigen Ankündigungen nicht mehr infrage.

Aber es soll großzügige Hilfe für die Bedürftigen im Land geben: Sei es in Form von Lebensmittelhilfe oder Gutscheinen für kostenlosen Arztbesuch. Nachdem der ausgefeilte Vorschlag auf dem Tisch gelegen war, rief Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem die 18 übrigen Finanzminister am Nachmittag zu einer telefonischen Sitzung zusammen. Schon nach einer guten Stunde fassten diese den Beschluss, das Konzept zu genehmigen. Der Deutsche Wolfgang Schäuble wird dem Bundestag vorschlagen, die Verlängerung der Eurohilfen bis Ende Juni am Freitag zu genehmigen. Eine Mehrheit gilt als sicher, genauso wie in Estland und Finnland.

Bankenkrise abgewendet

Damit ist für weitere Monate die Gefahr eines Bankrotts Griechenlands abgewendet, nicht zuletzt auch deshalb, weil durch den Beschluss der Eurogruppe vom Freitag 10,8 Milliarden Euro aus dem Programm an den Hilfsfonds EFSF zurückfließen: Sie stehen nun für den Ernstfall zur Verfügung, dass griechische Banken kapitalisiert werden müssen.

Ganz so glatt ging die Entscheidung aber dennoch nicht über die Bühne. Der zweite große Geldgeber, der Internationale Währungsfonds (IWF), hatte Einwände. IWF-Chefin Christine Lagarde äußerte Zweifel an der Schuldentragfähigkeit Griechenlands. Die Fähigkeit, wieder an die Märkte zurückkehren zu können, ist in den Statuten des Währungsfonds eine Grundbedingung für Kredite.

Entscheidung Ende April

Insgesamt umfasst die Liste der griechischen Regierung 64 Punkte, viele davon sind aber vage gehalten, was daran liegt, dass konkrete Zahlen zu Kosten und Einnahmen erst noch bis Ende April erarbeitet werden müssen. So sollen Ausnahmebestimmungen bei der Mehrwertsteuer gestrichen, Reisespesen und Dienstwagen gekürzt, der Gesundheitssektor soll saniert werden. Im Gegenzug will die Regierung den Zugang zu medizinischer Versorgung drastisch verbessern, ältere Arbeitslose sollen gefördert, Schlupflöcher für Frühpensionen gestopft werden.

Erst Ende April wird die Eurogruppe eine endgültige Entscheidung zum Programm treffen. Davon hängen Kredite ab. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 25.2.2015)