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Asylwerberin in einer Flüchtlingspension im niederösterreichischen Eichgraben. Dass Flüchtlinge künftig rascher als bisher ihre Länderunterkunft verlieren sollen, weckt Befürchtungen.

Foto: APA/Neubauer

Wien - Die Rechtsberatung von Asylwerbern wird keiner Firma oder Stelle des Innenministeriums übertragen, sondern bleibt wie bisher in den Händen von Flüchtlingshilfsorganisationen: so weit die im Vergleich zu den Erstentwürfen aus dem Innenministerium (der Standard berichtete) wohl wichtigste Änderung in der geplanten Asylnovelle, die sich seit Montag in parlamentarischer Begutachtung befindet.

Die ursprünglich ins Auge gefasste "Teilverstaatlichung" der Rechtsberatung sei mit dem Koalitionspartner SPÖ "eben nicht zu machen" gewesen, begründete Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ihr Zurückrudern. Dieses sorgte bei der als Arge Rechtsberatung tätigen Diakonie und der Volkshilfe, bei der Caritas, Amnesty und anderen Asylexperten am Dienstag für Erleichterung.

Getrübte Freude

Doch die Freude ist angesichts weiterer angedachter Änderungen vor dem Hintergrund chronischer Probleme nicht ungetrübt. So ist laut der Obfrau der Asylkoordination, Anny Knapp, nicht absehbar, welche Folgen die neuen Regeln in der Grundversorgung haben werden. Konkret ist hier vorgesehen, dass Flüchtlinge künftig schon nach einer Asylablehnung in erster Instanz aus der Grundversorgung - sprich ihrem Länderquartier - entlassen werden sollen: gesetzt den Fall, dass die zweite Instanz, das Bundesverwaltungsgericht, ihrer Beschwerde keine aufschiebende Wirkung erteilt hat.

Das Abwarten der Aufschiebungsentscheidung war im ursprünglichen Novellenentwurf des Innenministeriums nicht vorgesehen. Bei Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt hatte das Furcht vor "produzierter Obdachlosigkeit" ausgelöst; ein Einwand, den er nunmehr zurückzog. Anders Anny Knapp: "Nach der ersten Asylablehnung dauert es etwa 14 Tage bis zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung. Und was ist dann?", fragt sie.

Rückkehrbereitschaft

In diesem Fall würden Betroffenen in Wohneinrichtungen des Bundes aufgenommen - so sie bereit seien, bei den Vorbereitungen für ihre Rückkehr in die Heimat mitzumachen, heißt es dazu aus dem Innenministerium. Tatsächlich sieht die Asylnovelle eine solche Weiterversorgung vor, deren Gewährung jedoch in der Entscheidungsgewalt der Behörden steht.

Auch SPÖ-Schatteninnenminister Gerald Klug ist hier "noch skeptisch". Um sich endgültig eine Meinung zu bilden, warte man in der SPÖ die Stellungnahmen in der Begutachtung ab.

Beschleunigung oder nicht

Laut Innenministerium wird der rasche Abschied aus der Grundversorgung vor allem Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten treffen: Kosovaren etwa, die nur in Einzelfällen Asylgründe hätten. Hauptsächlich für diese Gruppen seien auch die geplanten beschleunigten Asylverfahren gedacht. Laut Entwurf sollen diese höchstens fünf Monate dauern - nur in Ausnahmefällen länger.

Die in den vergangenen Wochen vielfach kolportierten Zehn-tagesverfahren wiederum werden nur in den Gesetzeserläuterungen erwähnt. Im Anlassfall könnten die Behörden diesbezüglich "Maßnahmen setzen", heißt es da. "Im Grunde ist es fraglich, ob wirklich von Verfahrensbeschleunigung die Rede sein kann", kommentiert dies Knapp.

Grundlegende Neuerungen

Insgesamt, sagt Knapp, stehe im heimischen Asylwesen zum wiederholten Mal eine grundlegende Umstrukturierung bevor: Statt in den Erstaufnahmezentren wie etwa in Traiskirchen sollen Flüchtlinge künftig in neun Landesverteilerzentren ihre Asylanträge stellen, um alsdann in Länderquartiere zu übersiedeln - aus denen sie im Fall einer raschen Asylablehnung (siehe oben) dann wohl wieder ausziehen müssten.

"Das kann zu einem Hin- und Hergeschiebe von Flüchtlingen führen, also zu noch mehr Bürokratie", meint dazu Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Eine punktgenaue Durchforstung des Gesetzeskonvoluts brauche angesichts der weiter gesteigerten Komplexität "etwas Zeit". Eine wichtige Frage sei, wie im neuen System mit minderjährigen Flüchtlingen umgegangen werden, von denen derzeit 400 in Traiskirchen auf einen Länderplatz warten. (Irene Brickner, DER STANDARD, 25.2.2015)