Wein-&-Co-Gründer Heinz Kammerer: "Immerhin bin ich der Eigentümer."

Foto: wein & co

Wien - Er sitze in Meetings und denke über Kunstwerke nach, das Geschäftsleben langweile ihn unendlich, räumte Heinz Kammerer vor drei Jahren freimütig ein und übergab die Geschäftsführung an Florian Größwang. Seit vergangenem Donnerstag ist alles anders.

Kammerer, Gründer und Eigentümer der Fachhandelskette Wein & Co, ist zurück im operativen Geschäft. Am Vormittag bat er langjährige Wegbegleiter in sein Büro und teilte ihnen ihre Kündigung mit, erzählen Unternehmenskenner. Am Nachmittag erhielten Filialen ein Mail, in dem von fehlender Innovationskraft die Rede ist - deswegen kehre er zurück. Kammerer selbst will im STANDARD-Gespräch von den in der Branche kolportierten Rausschmissen nichts wissen. Alles sei freundschaftlich, aber halt wie in einer Beziehung: "Erst ist man verliebt, dann wird es Routine, später fad." Ehe man bös aufeinander werde, sei es besser, sich rechtzeitig zu trennen.

"Immerhin Eigentümer"

Ein Einkaufsmanager verlässt den Betrieb ebenfalls nach mehr als 20 Jahren. Die Personalchefin geht ebenso. Beide hätten den Wunsch nach Veränderungen gehabt, sagt Kammerer. Dem Vernehmen nach verlieren ein Restaurant- und ein Shopmanager ihren Job.

Florian Größwang bleibt in der Geschäftsführung, kümmert sich künftig aber vorangig um IT und Auslandsprojekte. Der ehemalige Merkur-Vorstand Klaus Pollhammer ist ebenso weiter an Bord, sagt Kammerer, der die Aufregung auf dem Weinmarkt über interne Belange nicht nachvollziehen kann.

Warum kehrt er zurück auf den Chefsessel? Auch wenn Wein & Co immer noch in einer komfortablen Situation sei, wie Kammerer betont, seien die Zeiten hart, und so schnell könne man nicht schauen, wie man von äußeren Umständen bedroht werde. "Immerhin bin ich der Eigentümer." Im Übrigen würden Mitarbeiter manchmal amtsmüde, es könne der Zund fehlen. Insgesamt aber gebe es künftig nur eine andere Arbeitsaufteilung.

Family-Business

Eine gewichtigere Rolle als bisher spielt dabei Kammerers Familie: Seine Frau arbeite im Einkauf mit, auch seine Tochter und später der Sohn werden in Wein & Co eingebunden. "Wir stellen uns familiärer auf. Auch um damit den ständigen Verkaufsgerüchten entgegenzutreten", sagt Kammerer.

Diese kursieren trotz scharfer Dementis seit langem. Verhandelt wurde mit der Rewe wie mit Hawesko, einem der größten Weinhändler Europas mit Sitz in Hamburg, sind sich Marktkenner einig.

Wein & Co betreibt in Österreich 24 Filialen und setzt rund 53 Millionen Euro um, 15 Prozent davon übers Internet. Kammerer will das Web-Geschäft europaweit massiv ausbauen und stellt dafür, berichtet er, andere Pläne wie neue kleine Innenstadtlagen zurück. 2014 sei der Umsatz unterm Strich flächenbereinigt leicht gewachsen.

Auf Kriegsfuß mit Rauchergesetzen

Dass in konjunkturell schwierigen Zeiten mehr Gläser Wein getrunken werden, um über die depressive Stimmung hinwegzuhelfen, bestätigt er nicht. Vielmehr greife der Kunde zu günstigeren Sorten.

Auf Kriegsfuß bleibt Kammerer mit Österreichs Rauchergesetzen. In einer knappen Handvoll seiner großen Bars darf gequalmt werden - "ansonsten würden sie leerstehen, denn die Mehrheit der Leute, die ausgehen, rauchen".

Seine Gastrokette kassiert dafür regelmäßig Anzeigen der Behörde, die auf Umbauten pocht. 3000 Euro zahlt er pro Verstoß, durchaus wöchentlich und je Standort, klagt Kammerer. Die derzeitige Situation sei "ein Skandal, Pfusch vom Anfang bis zum Ende". Nicht, dass er es rauchfrei nicht probiert hat: 2008, fast neun Monate lang. Doch die Umsätze brachen ein. Auf teure Umbauten, die ein friedliches Nebeneinander von Nichtrauchern und Rauchern ermöglichen, lässt er sich nicht mehr ein. "Ich bin ja nicht verrückt, dass ich jetzt umbaue, und dann wird das bestehende Gesetz abgeschafft." Zumal sich Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nun für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie einsetze. "Wir brauchen endlich Klarheit." (Severin Corti, Verena Kainrath, DER STANDARD, 25.2.2015)