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Der erste EU-Entwurf zu einer Fluggastdatenspeicherung zeigt kaum Kompromisse

Foto: Reuters/Hanna

Die Finalisierung der umstrittenen Richtlinie zu einer Speicherung von Fluggastdaten schreitet weiter in großen Schritten voran. Nachdem das EU-Parlament vor einigen Wochen beschlossen hatte, bis Jahresende einen Entwurf auszuarbeiten, wird der EU-Abgeordnete Timothy Kirkhope bereits am Donnerstag im Ausschuss für Bürgerrechte einen ersten Entwurf vorstellen. Dieser ist am Dienstag im Netz aufgetaucht.

Fünf Jahre, anlasslos

Der Vorschlag bestätigt, was in den vergangenen Wochen kolportiert worden ist: Die EU plant, Fluggastdaten für die Dauer von fünf Jahren zu speichern. Fluglinie müssen – auf eigene Kosten – alle Daten, die sie im Zuge einer Buchung sammeln, an nationale Stellen übermitteln. Jedes Mitgliedsland soll eine eigene Infrastruktur schaffen, die sich um diese Daten kümmert. Nach dreißig Tagen werden die Datensätze anonymisiert, sie können allerdings jederzeit zurückverwandelt werden.

Terrorismusprävention

Die EU will mit der Fluggastdatenspeicherung (PNR) vor allem in der Terrorismusprävention Erfolge feiern. Als 2011 erstmals ein Vorschlag zu PNR auftauchte, gab die EU-Kommission offen zu Protokoll, mit dem Datensammeln "unbekannte Terroristen" ausmachen zu wollen. Das soll passieren, indem der Heuhafen an Informationen mit Algorithmen bearbeitet wird, die mehrere Faktoren miteinbeziehen und dann "Terrorismusverdächtige" identifizieren. Für Bürgerrechtler ist das ein Alptraumszenario.

Heuhaufen wird größer

Die Initiative AKVorrat warnte im Gespräch mit dem STANDARD vor einigen Tagen, dass die Fluggastdatenspeicherung die Chancen erhöhe, dass wichtige Gefahren in der Flut an Informationen untergingen. Der deutsche Grünpolitiker und Buchautor Malte Spitz ("Was macht ihr mit meinen Daten") argumentiert ähnlich. "Statt anlassloser Massenüberwachung bedarf es einer konkreten Observation von Verdächtigen", so Spitz zum STANDARD, "der jetzt vorangetriebene Austausch von Fluggastdaten innerhalb der EU ist das genaue Gegenteil von effizienter und effektiver Terrorismusbekämpfung."

Transnationale Verbrechen

Allerdings will die EU Fluggastdaten auch zur Verbrechensbekämpfung einsetzen. Die Vorratsdatenspeicherung, bei der Telekom-Daten gesammelt wurden, war auch wegen ihres Einsatzes für die Verbrechensbekämpfung (in Österreich etwa gegen Stalking, Doping und Suchtgiftdelikte) als verfassungswidrig gekippt worden. Bei der PNR-Richtlinie betont die EU deshalb "ernsthafte transnationale Verbrechenskategorien", gegen die Fluggastdaten eingesetzt werden können. Als Beispiele werden Geldwäsche, Kinderpornographie, aber auch schwammige Begrifflichkeiten wie "computerbezogene Verbrechen" (vermutlich Cybercrime) angeführt.

De-Anonymisierung

Für solche Verbrechen sollen die anonymisierten Daten vier Jahre lang deanonymisiert werden, bei Terrorismus fünf Jahre lang. Der Zugriff soll nur durch geschulte Personen mit einer erhöhten Sicherheitsstufe erfolgen und von Rechtsschutzbeauftragten überwacht werden. Kritische Daten, die Aufschluss über Sexualität, Religion oder andere intime Merkmale des Reisenden geben, sollen nur in Ausnahmefällen verarbeitet werden.Allerdings fehlt im EU-Bericht offenbar eine Regelung, dass die Nutzung der Daten von einem Richter explizit erlaubt wird. Den verlange der Europäische Gerichtshof aber, argumentiert die Initiative NoPNR.

Abstimmung dauert

Der aktuelle Bericht wird am Donnerstag im Bürgerrechtsausschuss besprochen werden. Bis zu einer Abstimmung im EU-Parlament dürfte es noch einige Monate dauern; dann müssten noch Kommission und nationale Minister darüber verhandeln. Auch der Europäische Gerichtshof könnte die Richtlinie wieder zu Fall bringen, auch wenn der juristische Dienst des EU-Parlaments die EuGH-Bedenken zur Vorratsdatenspeicherung offenbar im PNR-Entwurf berücksichtigt hat. (fsc, derStandard.at, 24.2.2015)