Aufgrund des Obduktionsergebnisses gebe es keinen Hinweis auf Fremdverschulden, gab die Staatsanwaltschaft Wien nach dem Tod von Rachat Alijew bekannt.

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Wien - Freunde von Verschwörungstheorien werden keine Freude an Gerhard Jarosch und Helene Pigl haben. Der stellvertretende Leiter der Staatsanwaltschaft Wien und die Leiterin der Justizanstalt Wien-Josefstadt, in der am Dienstagmorgen Rachat Alijew in seiner Einzelzelle starb, betonen nämlich unisono, dass es sich um Selbstmord gehandelt habe.

Jarosch stützt sich dabei auf die ersten Ergebnisse der Obduktion des kasachischen Exbotschafters und Mordverdächtigen. Es gäbe keinen Hinweis auf Fremdverschulden, betonte der Anklagevertreter. Die Pathologen haben keinerlei Spuren äußerer Gewaltanwendung gefunden.

Eine kleine Hoffnung haben die Anhänger konspirativer Gedankengänge noch: Das toxikologische Gutachten wird erst in einigen Tagen vorliegen. Etwaige Betäubungsmittel oder Gift würden dabei nachgewiesen werden. Jarosch geht davon aus, dass die Wiener Gerichtsmedizin die Angelegenheit angesichts der Brisanz vorrangig behandeln werde.

Prozess gegen angebliche Erpresser

Etwas mysteriös bleibt vorerst hingegen die Frage, ob Rachat Alijew in der Haft ein Tagebuch geführt hat. Bei einem Prozess am Dienstag, in dem zwei Männer angeklagt sind, ihren Mithäftling Alijew bedroht und erpresst zu haben, war das am Rande Thema.

Chefinspektor Ernst H., der die Ermittlungen in der Sache geleitet hatte, schilderte eine Vernehmung Alijews. In dieser sprach der Untersuchungshäftling davon, dass er die Drohungen - etwa dass er in der Dusche umgebracht und es wie ein Suizid aussehen werde - in seinem Tagebuch festgehalten habe. Die Bitte, diese Passagen kopieren zu dürfen, lehnte das angebliche Erpressungsopfer allerdings ab. Wobei: In dem Prozess wurde auch bekannt, dass Alijew nachweislich falsche Anschuldigungen gegen die Angeklagten erhoben hatte.

"Von einem Tagebuch wissen wir nichts", betont Staatsanwalt Jarosch, allerdings habe die Suche danach derzeit keine Priorität. Die Kriminalpolizei will vorerst die Besuchslisten des Gefängnisses abarbeiten. Die Besucher Alijews sollen nach etwaigen Drohungen, aber auch depressiven Stimmungen Alijews befragt werden.

Alijews Verteidiger Manfred Ainedter sprach gegenüber der Austria Presse Agentur davon, sein Mandant habe ein kleines Notizbuch besessen. Ob es sich um das Tagebuch handelt, ist unklar.

Niemand betrat die Zelle

Anstaltsleiterin Pigl bestätigte am Mittwoch ebenso, dass man keine Indizien für eine fremde Hand beim nächtlichen Tod Alijews habe. Wie berichtet, kann beispielsweise anhand des Türstandsanzeigers eindeutig belegt werden, dass der Häftling gegen 17.30 Uhr in seine Einzelzelle gesperrt worden war und die Tür bis Dienstagmorgen nicht mehr geöffnet wurde. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 26.2.2015