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Keine breite Zustimmung gibt es zu dem neuen Islamgesetz: Protest am Dienstag vor dem Parlament, am Mittwoch wurde es nach heftiger Debatte beschlossen.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Das neue Islamgesetz wurde also im Parlament beschlossen. Nach dem öffentlichen Aufschrei und der allgemeinen Kritik wurde der Erstentwurf bekanntlich noch einmal überarbeitet. Im endgültigen Text wurde zwar der eine oder andere rechtlich bedenkliche und gesellschaftspolitisch heikle Punkt abgewandelt und bearbeitet, im Wesentlichen handelt es sich dabei jedoch um rechtlich bedeutungslose, rein formale Modifikationen, deren Hauptaufgabe darin besteht, den Schein eines lebendigen Diskurses zu wahren.

Eine andere Interpretation lässt die Tatsache nicht zu, dass zwar ohnedies bestehende Rechte wie der Schutz der Amtsverschwiegenheit (§ 26) nun auch ausdrücklich im Islamgesetz verankert sind, jedoch die verfassungsrechtlich tatsächlich höchst problematischen Regelungen wie das Verbot der Auslandsfinanzierung (§ 6) und die Zwangseingliederung der islamischen Vereine unter die Religionsgesellschaften (§ 31) beibehalten wurden.

Strenge Reglementierungen

Die (in den §§ 2, 3, 5, 6, 8, 11, 23, 30, 31) eigens im Islamgesetz angeführten Normen beziehungsweise Modifikationen bestehender Regelungen bringen nicht nur das nach wie vor bestehende besondere Misstrauen und den Generalverdacht gegenüber den Muslimen zum Ausdruck, sondern sehen auch fundamentale rechtliche Befugnisse für den Staat vor, die in Form von außergewöhnlich strengen Reglementierungen und Eingriffsrechten ihren Ausdruck finden. Diese reichen von Einschränkungen des zustehenden Rechtsweges für islamische Religionsgesellschaften über Normierungen betreffend innerreligiöse Angelegenheiten bis hin zur Vorsehung von Strafsanktionen und einfacheren Auflösungsmöglichkeiten seitens des Staates.

System der Staatskirchenhoheit

Genau diese Befugnisse sind es, die aus religionsrechtlicher Sicht einen regelrechten Dammbruch im Staats-Kirche-Verhältnis Österreichs bewirken. Sie stellen einen ersten großen Schritt weg vom Modell der Neutralität gegenüber Religionsgemeinschaften (sogenanntes "Koordinationssystem") hin zum System der Staatskirchenhoheit dar, in dem der Staat einseitig die Befugnisse und Grenzen der Religionsgemeinschaften festlegt. Ein solcher Schritt ist zwangsläufig mit der Einschränkung der korporativen Religionsfreiheit verbunden.

Politik und Religion

Bis jetzt wurde noch nie ein Religionsgesetz gegen den Willen – daran ändert auch die Zustimmung durch die IGGiÖ nichts – der entsprechenden Normadressaten erlassen. Den Muslimen wird oktroyiert, wie sie künftig ihren Glauben zu leben haben. Insbesondere im Hinblick auf die besondere historische Beziehung Österreichs zu seinen Muslimen ist es doch ein sehr bedauernswerter Umstand, dass gerade auf ihrem Rücken der politische Kampf gegen die Religionen stattfindet. Denn sollten sich die offensichtlich bewusst verfassungswidrig formulierten Normen im Islamgesetz halten, so werden sie über kurz oder lang zwangsläufig auch in die Regelungen zu den anderen Religionsgesellschaften Einzug finden. Es handelt sich bei diesem Gesetz also um einen erheblichen Eingriff nicht nur in das Recht auf Religionsfreiheit der Muslime, sondern auch aller anderen Bewohner dieses Landes.

Jähes Ende vor Verfassungsgericht?

Nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit der schrittweisen Ausweitung der Überwachungs- und Kontrollrechte des Staates zeichnet sich so eine zunehmend düstere Zukunft für die Bürgerrechte ab. Insofern ist zu hoffen, dass dieser durch die Durchtriebenheit der verantwortlichen Politiker einerseits und die inkompetente Ohnmacht der zuständigen muslimischen Vertreter andererseits eingeschlagene Weg sein jähes Ende vor dem Verfassungsgerichtshof findet. (Hüseyin Günes, derStandard.at, 26.2.2015)