Tobruk/Tripolis/Paris/Rom - Libyen droht nach Einschätzung seines Außenministers Mohammed al-Dairi eine Entwicklung wie jene Syriens. Das nordafrikanische Land könnte "in einen wahren Bürgerkrieg wie in Syrien gezogen werden", warnte al-Dairi am Mittwoch in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Die größte Gefahr gehe dabei von jihadistischen Milizen wie der IS aus. "Der Terror ist nicht nur eine Gefahr für Libyen und seine Nachbarländer, sondern auch eine wachsende Bedrohung für Europa", warnte der Außenminister.

Keine neue Intervention wie 2011

Für den Kampf gegen die Islamisten forderte er vom Westen Waffen für die libyschen Regierungstruppen. Eine "neue westliche Militärintervention" wie jene von 2011, die zum Sturz von Diktator Muammar al-Gaddafi geführt hat, lehne er ab. Es gehe vielmehr darum, "die Fähigkeiten der libyschen Armee zu stärken".

Zumindest Italien und Frankreich scheinen aber nach wie vor der Diplomatie der Vereinten Nationen den Vorzug vor der Waffengewalt geben zu wollen. Auf dieser Ebene sollten Antworten auf "eine Situation aus Chaos und Terrorismus" gefunden werden, sagte Frankreichs Präsident François Hollande am Dienstag in Paris nach einem Treffen mit dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi. Dieser sprach von einem für ganz Europa bedeutsamen Konflikt.

Frauenaktivistin ermordet

Im der von islamistischen Milizen beherrschten Hauptstadt Tripolis wurde unterdessen die junge Frauenaktivistin Intissar al-Hassairi ermordet. Ihre Leiche und jene ihrer Tante wurden von der Polizei in einem Pkw gefunden. Nach einem Bericht der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera vom Mittwoch hatte Hassairi bereits mehrere Morddrohungen erhalten. Die rund 20-Jährige hatte Kundgebungen an der Universität organisiert und die Entwaffnung aller Milizen gefordert. (red, DER STANDARD, 26.2.2015)