Ankara - In mindestens 20 Städten ist die Polizei ausgerückt, wieder fanden die Razzien im Morgengrauen statt: Bei einer neuen Verhaftungswelle in der Türkei wurden am Mittwoch 54 Verdächtige vorübergehend festgenommen, bis zum Nachmittag verblieben noch 37 in Haft.

Hintergrund ist die Abhöraffäre gegen den damaligen Premier und aktuellen Präsidenten Tayyip Erdogan und mehrere seiner Mitarbeiter von Ende 2013. Aus früheren Verhaftungswellen in der gleichen Causa sind nach Angaben der Justiz aktuell mindestens 17 Menschen in Haft. Die meisten Festgenommenen kommen aus dem Sicherheitsapparat, einige aus Medien.

Krieg gegen Gülenisten

Erdogan war 2013 in Bedrängnis gekommen, als im Internet abgehörte Telefongespräche auftauchten, die ihn selbst und enge Mitarbeiter der Korruption zu überführen schienen. Die Regierung erklärte die Veröffentlichungen für gefälscht. Ermittlungen gegen über 50 Verdächtige - darunter die Söhne mehrerer Minister -- wurden im Oktober aus Mangel an Beweisen eingestellt.

Erdogan erklärte den Hintermännern dennoch den Krieg. Diese vermutet er in der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen - einst Mitstreiter Erdogans, der sich in den vergangenen Jahren aber zunehmend von ihm entfernt hat. Die aktuellen Verhaftungswellen galten mutmaßlichen Verbündeten Gülens. Am Montag hatte ein Gericht Haftbefehl gegen einen ebenfalls in den USA lebenden Imam erlassen, der hinter Teilen der Veröffentlichungen stehen soll. (red, derStandard.at, 25.2.2015)