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Gullivers Gehalt liegt bei 10,3 Millionen Euro im Jahr.

Foto: dapd/Kin Cheung

Wohnsitz in Hongkong, Arbeitsstelle in London, Anstellung bei der Konzerntochter in Holland und Gehaltskonto in der Schweiz, lautend auf den Namen einer Firma im Steuerparadies Panama - die persönlichen Verhältnisse von Stuart Gulliver eignen sich als Karikatur einer globalen Wirtschaftselite, an deren Einfluss und Reichtum wenige heranreichen.

Dieser Tage hat der 55-jährige Engländer freilich wenig Gelegenheit, sein Leben als Vorstandschef der in London beheimateten HSBC (Hongkong and Shanghai Banking Corporation) zu genießen. Dauernd muss sich der einst begeisterte Hobbyboxer rechtfertigen. Es geht dabei etwa um die Schweizer Privatbanktochter des Konzerns, die jahrelang Steuerbetrügern willig zur Hand gegangen war. Die Banker in Genf legten ihren Kunden hohe Summen in bar bereit; ein englischer Restaurantbetreiber durfte so einen Koffer mit fünf Millionen Franken entgegennehmen. Für derlei "unakzeptable Praktiken" in seiner seither "total umgekrempelten Bank" musste sich Gulliver öffentlich entschuldigen.

Geld in der Schweiz "alltäglich"

Dass er selbst sein Geld in der Schweiz bunkerte, findet er hingegen "ganz alltäglich". Schließlich sei es darum gegangen, Millioneneinkünfte als Trader vor den neidischen Hongkonger Kollegen geheim zu halten. Und weil es selbst in der Schweiz Neider gibt, musste noch das Vehikel der panamaischen Briefkastenfirma her.

Seitdem er im HSBC-Vorstand sitzt, sind die Bezüge des Briten öffentlich. Im Vorjahr betrugen sie 10,3 Millionen Euro. In seiner Heimat genießt Gulliver den Status eines "nichtdomizilierten Steuerzahlers", obwohl er die HSBC von London aus leitet. Wie 350 andere Spitzenmanager des Konzerns ist Gulliver bei der HSBC-Tochter in den Niederlanden angestellt. "Stuart hat nichts getan, was nicht völlig legal, transparent und vorschriftsmäßig gewesen wäre", beteuert HSBC-Verwaltungsratschef Douglas Flint. Allein für 2014 veranschlagt der Konzern Schadenersatz- und Strafzahlungen von 3,27 Milliarden Euro.

Als Hauptwohnsitz gibt Gulliver die frühere britische Kronkolonie Hongkong an, auf halbem Weg zwischen seiner Heimat England und dem australischen Herkunftsort seiner zweiten Frau. Dort, sagt der Vater dreier erwachsener Kinder, gebe es Dynamik und eine positive Einstellung, ganz anders als im lahmen Europa. In nächster Zeit aber muss er mehr Zeit in London verbringen, um aufgebrachte Aktionäre zu beruhigen. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 26.2.2015)