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Henrik Rönnquist bei der ersten Pegida-Versammlung Anfang Februar in Malmö. Im Hintergrund: tausende Gegendemonstranten

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Ähnlich wie in Schweden waren auch bei der ersten Pegida-Versammlung in Großbritannien weit mehr Gegendemonstranten als Unterstützer der islamfeindlichen Bewegung vor Ort.

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Die Motivation ist die gleiche wie in anderen europäischen Staaten: Die Islamisierung Europas müsse aufgehalten werden, sagt Henrik Rönnquist, Gründer der schwedischen Pegida-Bewegung, zu derStandard.at. Als Belege für die drohende Gefahr sieht Rönnquist unter anderem die Errichtung neuer Moscheen und Arabisch-Übersetzungen medizinischer Anweisungen in Krankenhäusern. Weihnachten und Midsommar seien in Gefahr, und "Scharia-Gesetze" würden in mehr als 50 "No-Go-Zones" in Schweden bereits praktiziert, Schweden könnten sich dort nicht mehr aufhalten.

Daniel Poohl, Leiter der antirassistischen Stiftung Expo, geht davon aus, dass hier wenige Beispiele zu einer großen Geschichte zusammengewürfelt würden, um das "Bild eines bedrohten Schweden zu kreieren, das sich zu einem islamischen Staat entwickle". Die Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache: "Muslime in Schweden haben keine Macht. Sie sind zum Großteil marginalisiert und leben in besonders armen Vierteln", so Poohl.

Zweimal hat Pegida bisher in Schweden eine Demonstration abgehalten, zuletzt am Montag in der südschwedischen Stadt Linköping. Dort standen nach Angaben von Expo nur vier Pegida-Unterstützer hunderten Gegendemonstranten gegenüber. Rönnquist hatte mit rund 200 Teilnehmern gerechnet. Drei Wochen zuvor waren bereits in Malmö wenige Dutzend Pegida-Symapthisanten auf tausende Gegendemonstranten gestoßen. Rönnquist will dennoch nicht von einer Niederlage sprechen und plant weiterzumachen.

Umstrittene Ausstellungen

Henrik Rönnquist ist in Schweden vor allem dafür bekannt, den umstrittenen Künstlern Lars Vilks und Dan Park mit seiner Galerie einen Ausstellungsort zur Verfügung gestellt zu haben. Im vergangenen Jahr wurden sowohl Rönnquist als auch Park wegen Volksverhetzung verurteilt. Park wurde zu fünf Monaten Haft verurteilt, unter anderem wegen Collagen, auf denen gehängte und als "Negersklaven" bezeichnete Schwarze dargestellt waren. Ein Bild zeigte Adolf Hitler bei einer Rede, darunter stand: "Nicht nur Neger haben Träume." Rönnquist musste eine Geldstrafe bezahlen, weil er die Bilder in seiner Galerie ausstellte. Er bezeichnet Park als "missverstandenes Genie".

Meinungsfreiheit sei absolut, Verhetzungsparagrafen und Verbotsgesetze gehörten abgeschafft, findet Rönnquist. Daniel Poohl betrachtet diese Ansichten als gefährlich: "Mit dem Tatbestand der Volksverhetzung muss Meinungsfreiheit eingeschränkt werden." Auch Kinderpornografie oder die Anstiftung zu Verbrechen dürften nicht erlaubt sein, denn "nicht alles, was Menschen sagen wollen, trägt unbedingt zu einer demokratischeren und offeneren Gesellschaft bei," so Poohl. Die Motivation Rönnquists hinter seiner Forderung nach "absoluter Meinungsfreiheit" habe nichts mit demokratischen Werten zu tun: "Er will nur rassistische Aussagen tätigen dürfen."

Schwedendemokraten distanzieren sich

Rönnquist sagt zwar, Pegida in Schweden gehöre keiner politischen Partei an, vergleichbare Denkansätze finden sich aber durchaus bei den Schwedendemokraten, auch wenn sie sich offiziell von der Bewegung distanzieren.

Rönnquist ist davon überzeugt, dass man versuche, die Schwedendemokraten und Pegida zusammenzustellen, um sie als Rassisten abzustempeln. "Aber wir sind keine Rassisten," sagt er in ähnlicher Art und Weise, wie auch in Deutschland seitens der Pegida oft versucht wird, die Distanz zur Fremdenfeindlichkeit zu wahren. Die Teilnahme rassistischer Organisationen an Pegida-Demonstrationen schließt er aus, gleichzeitig seien "Privatpersonen" mit ähnlichen Einstellungen willkommen, die "mögen, wofür Pegida steht".

Ähnlich wie in Österreich die FPÖ könnten die Schwedendemokraten der Bewegung jedoch zum Verhängnis werden. Sie betreiben dieselbe Art der islamophoben Meinungsbildung. "Wer glaubt, Muslime oder der Islam seien eine Gefahr für Schweden, muss dafür nicht auf die Straße gehen" sagt Poohl. In Deutschland gibt es auf der politischen Landkarte hingegen keine vergleichbare Partei, die diese Ansichten kanalisiert.

Unterstützung in sozialen Medien

Poohl glaubt deshalb, dass sich antimuslimische Ansichten in Schweden auch weiterhin eher innerhalb politischer Parteien finden werden als in Bewegungen wie Pegida – vor allem, wenn diese keine Erfolge vorweisen können. Für ihn ist die Etablierung einer Pegida-Bewegung in Schweden bereits gescheitert. Vielleicht werde es weitere Demonstrationen geben, aber "das ist keine Bewegung". Pegida habe zwar viele Unterstützer in sozialen Netzwerken, aber nur wenige, die für ihre Anliegen auf die Straße gehen. "Die meisten haben nicht nur Angst vor den Konsequenzen, sondern sind auch nicht bereit, so eindeutig Stellung zu beziehen," sagt Poohl.

Bei den meisten Pegida-Versammlungen, die vor kurzem in europäischen Städten stattfanden, waren die Gegendemonstranten in der Überzahl, zuletzt standen in der britischen Stadt Newcastle weniger als 400 Teilnehmern etwa 2.000 Gegendemonstranten gegenüber.

Auch in Deutschland, wo die Bewegung ihren Ursprung hat, nehmen nach internen Streitigkeiten um die Führungsspitze deutlich weniger Leute an Demonstrationen in Dresden und anderen deutschen Städten teil. Die abnehmende Pegida-Zustimmung in Deutschland könnte auch negative Auswirkungen auf ihre Ableger in anderen europäischen Ländern haben – in Schweden dürfte die Bewegung aber auch ohne deutsches Zutun scheitern. (Noura Maan, derStandard.at, 4.3.2015)