Rust - "Wahlkampfschmäh", "Blendgranate", "PR-Gag des Bürgermeisters". Nicht gerade euphorisch beurteilten die Oppositionsparteien FPÖ und ÖVP die Ankündigung der Wiener SPÖ in Rust, wieder Gemeindewohnungen zu errichten. Dabei fordert die FPÖ selbst den Bau von 5000 Gemeindewohnungen pro Jahr.

Nach der großen Ankündigung beginnen die Sozialdemokraten mit einem kleinen Schritt: Auf dem Gelände der einstigen AUA-Zentrale in Wien-Favoriten soll noch in diesem Jahr mit dem Bau von 120 Gemeindewohnungen begonnen werden. In der kommenden Legislaturperiode bis 2020 will Wohnbaustadtrat Michael Ludwig 25 Millionen Euro in den "Gemeindewohnbau neu" investieren. 2000 zusätzliche Gemeindewohnungen sollen so errichtet werden. Die Mittel werden zusätzlich zur bestehenden Wohnbauförderung aufgewendet.

Erstmals seit 2004

Gelingt das Projekt, stellt Bürgermeister Michael Häupl eine Aufstockung der Mittel für den Gemeindewohnbau in Aussicht. Die Stadt müsse für den Bau keine neuen Areale ankaufen. Häupl: "Wien verfügt über erhebliche Grundstückswerte."

Als Paradigmenwechsel will Ludwig die Entscheidung, erstmals seit 2004 wieder selbst zu bauen (siehe Wissen), nicht verstanden wissen. Denn die Stadt trete weiter nicht als Bauherr auf. Für den Bau der Gemeindewohnungen wird allerdings eine eigene Errichtungsgesellschaft gegründet, an der die über die Wien Holding zur Stadt Wien gehörende Gesiba (Gemeinnützige Siedlungs- und Bau AG) mit 51 Prozent sowie Wiener Wohnen (49) beteiligt sind.

Die Vergabe erfolgt per Vormerkscheinen über Wiener Wohnen. Ludwig kann sich im Gespräch mit dem STANDARD aber durchaus vorstellen, dass in Zukunft auch andere Wohnbauträger zum Zug kommen könnten.

Etikettenschwindel

Experten vermuten im SPÖ-Vorstoß einen Etikettenschwindel. Denn die Gesiba baut seit vielen Jahren geförderte Wohnungen. Andererseits gibt es seit 2012 das von Ludwig ins Leben gerufene Smart-Wohnbauprogramm der Stadt, das kostengünstige Wohnungen für Jungfamilien, Paare und Singles anbietet. Die Vergabe dieser geförderten Wohnungen erfolgt nach denselben Kriterien wie Wiener Gemeindewohnungen.

Die Maximalmieten (7,50 Euro pro Quadratmeter) sind beim Smart-Wohnbau sowie bei den künftigen Gemeindebauten gleich niedrig. Allerdings müsse bei Gemeindewohnungen ein "dringender Wohnbedarf" gegeben sein, pocht Ludwig auf die Unterschiede. Zudem müssten Mieter bei Gemeindewohnungen keinen Eigenmittelbetrag zahlen. Bei Smart-Wohnungen beträgt dieser maximal 60 Euro pro m2. Bei einer Gemeindewohnung würde sich ein Mieter einer 50-m2-Wohnung also bis zu 3000 Euro ersparen.

Ludwig kann sich vorstellen, dass nach dem Projekt-Gemeindebau in Favoriten weitere Gemeindewohnungen auch in anderen geförderten Wohnbauten errichtet werden. Insgesamt investiert Wien in den Neubau von geförderten Wohnungen laut dem Stadtrat 300 Millionen Euro pro Jahr. 2014 wurden 7273 derartige Wohnungen übergeben. Im Vergleich dazu macht sich der Vorstoß mit den "Gemeindewohnungen neu" recht klein aus. (krud, rwh, DER STANDARD, 27.2.2015)