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Lambert Schönleitner geht erstmals als grüner Spitzenkandidat in die Steiermark-Wahl.

Foto: APA / Erwin Scheriau

STANDARD: Sie machen in letzter Zeit versöhnliche Ansagen in Richtung Landeshauptmann Franz Voves und Vizelandeschef Hermann Schützenhöfer. Bringen Sie sich als Mitregierer in Stellung?

Schönleitner: Es wäre falsch zu sagen, alles war völlig unrichtig, was diese Regierung gemacht hat. Den fatalen Schuldenberg abzubauen ist richtig, ihre Maßnahmen aber nicht. Außerdem tun sie immer so, als ob sie nicht am Schuldenberg beteiligt gewesen wären. Sie haben das Land von Waltraud Klasnic 2005 mit einem Schuldenstand von einer Milliarde übernommen. Jetzt stehen wir bei fünf.

STANDARD: Was war für Sie sonst noch in Ordnung an der Politik der sogenannten Reformpartner?

Schönleitner: Die Gemeindestrukturreform war eigentlich richtig. Aber eine Landkarte zu zeichnen und einfach der Bevölkerung hinzuknallen ist nicht mehr zeitgemäß. Das Verhalten war kontraproduktiv und unökonomisch. Da wären viele, in der Weststeiermark oder in Bruck und Kapfenberg, eh dafür gewesen. Und der Raum um Graz ist völlig ungelöst. Da fehlen echte Reformen.

STANDARD: Was sind für Sie echte?

Schönleitner: Erstens fehlt eine echte Aufgabenreform völlig. Das sieht übrigens auch der steirische ÖAAB so. Die Abteilungen wurden halbiert, das stimmt. Aber die Kosten wurden nicht halbiert. Man hat nicht alle Doppelgleisigkeiten abgeschafft. Zweitens brauchen wir dringend eine Raumordnungsnovelle. Bei uns wird mehr als anderswo eine Zersiedelungspolitik betrieben. Drittens hat man es noch immer nicht geschafft, das komplette Fördersystem transparent zu machen. Nur Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann hat das teilweise umgesetzt. Es ist Zeit, Gelder weg von großen Konzernen wie Magna zu den Klein- und Mittelbetrieben zu leiten. Und viertens hat man die erneuerbare Energie schlichtweg verschlafen: bei Windkraft, Fotovoltaik und Biomasse. Die Energie Steiermark soll zudem die 25 Prozent von der EdF zurückkaufen. Die Zeit ist jetzt günstig.

STANDARD: Bundesweit freuen sich Voves und Schützenhöfer über den Ruf als mutige Reformer.

Schönleitner: Sie üben den steirischen Reflex, kritisieren ihre Bundesparteien. Ich täte an ihrer Stelle nicht so viel über den Semmering keppeln. Die vergessen gern, dass SPÖ und ÖVP in der Steiermark bei den letzten Wahlen mehr verloren haben als sonst wo.

STANDARD: Ihre Imagewerte sind trotzdem gut. Sie haben jahrelangen Zank in der Regierung beendet.

Schönleitner: Sie haben sich angenähert, aber die Distanz zur Bevölkerung vergrößert. Dieses steirische Pärchenidyll ist fast wie ein Naturschauspiel ins Land hinausgetragen worden und verschleiert viele ihrer Fehler. Etwa die erbärmliche Haltung beim Pflegeregress. Es hat lang gedauert, bis sie sich dann endlich blass hingestellt und auch zugegeben haben: Die Steirer sind nicht Menschen zweiter Klasse.

STANDARD: Wie ist es denn bei Ihnen und Ihrer eigenen Partei mit dem erwähnten steirischen Reflex?

Schönleitner: Ich bin seit 20 Jahren bei den Grünen und bin als Kritiker der Partei bekannt geworden, aber ich bin heute mit unserer Bundespartei hochzufrieden. Auch weil da draußen mit Werner Kogler und unserer Sozialsprecherin Judith Schwentner zwei aus der Steiermark sehr kompetent mitmischen.

STANDARD: In Graz sind die Grünen bei Wahlen erfolgreich, warum hinkt die Landespartei mit ihren Ergebnissen immer hinter anderen Ländern her?

Schönleitner: Selbstkritisch muss ich sagen, wir haben die Kernbereiche grüner Politik, Umwelt und soziale Gerechtigkeit, nicht genug hinausgetragen. Es ist schon etwas anderes, ob du mit den Leuten in Kontakt bist oder am Schreibtisch stapelweise Konzeptpapiere erstellst. Wir wollen bis zur Landtagswahl in 50.000 Haushalten Hausbesuche machen. Die Leute sollen wissen, da kümmert sich wer, da gibt es eine Nummer, wo ich anrufen kann.

STANDARD: Bei den letzten Nationalratswahlen und EU-Wahlen waren die Grünen in Graz Erste.

Schönleitner: Das ist auch mein dezidiertes Ziel für die Landtagswahl. Es wird auch ein Signal für die Menschenrechtsstadt Graz sein.

STANDARD: In Graz hatte auch die FPÖ zuletzt Zuwächse.

Schönleitner: Ja, es ist links und rechts der Mur grün und blau aufgegangen. Aber der beste Mann der FPÖ ist derzeit Voves. Ich vermisse bei ihm und Schützenhöfer eine klare Abgrenzung zur FPÖ. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 27.2.2015)