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Außenansicht des Gefangenenhauses beim Landesgericht für Strafsachen Wien.

FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien - Justizsektionschef Christian Pilnacek hat am Freitag bestätigt, dass in der Leiche von Rachat Alijew nach einem Blutschnelltest geringe Spuren von Barbituraten festgestellt worden sind. Es handle sich dabei um eine Substanzklasse, die in Österreich fast gänzlich verboten ist. Pilnacek hielt jedoch fest, dass es sich nur um ein vorläufiges Ergebnis handle und das toxikologische Gutachten noch nicht vorliege.

Alijews Verteidiger Manfred Ainedter kommentierte auf STANDARD-Anfrage das Ergebnis am Freitag nicht, verwies aber auf eine am Montag angesetzte Pressekonferenz.

Expertengruppe soll Tod untersuchen

Eine Bericht der Tageszeitung Kurier zufolge wolle Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eine Expertengruppe einsetzen, die Alijews Tod untersuchen soll, um Spekulationen vorzubeugen. Der pensionierte Generalprokurator Ernst Eugen Fabrizy soll als Leiter der Kommission weisungsungebundene Fachleute um sich scharen.

Brandstetter darf "aus berufsrechtlichen Gründen" keine Stellungnahme zum Tod von Alijew abgeben, teilte seine Sprecherin am Freitag auf APA-Anfrage mit. Brandstetter hatte Alijew in den beiden Auslieferungsverfahren vertreten, die 2007 und 2011 mit Verweis auf die Menschenrechtslage in der Ex-Sowjetrepublik negativ entschieden wurden. Zwischenzeitlich war Alijew in einem Gebäude gemeldet, das einer Gesellschaft gehörte, an der Brandstetter beteiligt war. Dies sei für einen Verteidiger "nicht unüblich" und aus "Sicherheitsgründen" erfolgt, sagte die Sprecherin.

Leiche nicht freigegeben

Die obduzierte Leiche des kasachischen Exbotschafters wird vorerst nicht an seine Familie übergeben. Laut Gerhard Jarosch, stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft Wien, sollen damit Verschwörungstheorien, die von Mord und nicht von einem Suizid in der Einzelzelle sprechen, widerlegt werden.

"Wir machen alles, was möglich ist. Die Kosten spielen dabei keine Rolle. Wir wollen uns später nicht allfälligen Vorwürfen aussetzen, es sei irgendetwas unterlassen worden", sagte Jarosch. Auch ein mögliches Tagebuch des vor einem Mordprozess stehenden Alijew sei mittlerweile sichergestellt worden. Es werde nun übersetzt und ausgewertet.

Mullbinden aus Spital der Justizanstalt

Fest steht mittlerweile auch, dass die Mullbinden, mit denen sich Alijew an einem Kleiderhaken stranguliert hat, aus dem Spital der Justizanstalt Wien-Josefstadt stammen, wo der herzkranke Untersuchungshäftling behandelt worden ist. Da sich die Gefangenen dort relativ frei bewegen können, war es nicht allzu schwer, sich das Verbandszeug zu besorgen.

Die kasachischen Behörden bestehen auf einer "ausführlichen und objektiven Untersuchung der Todesursachen" und haben ihre Beteiligung daran angeboten, "wenn die österreichische Seite das akzeptiert", wie es in einer Stellungnahme heißt.

Pilz fordert Untersuchungsausschuss

"Wie kann sich ein Betäubter aufhängen?", fragte der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz am Freitag in einer Aussendung. Er forderte einen Untersuchungsausschuss. Auch das Team Stronach sah einige Ungereimheiten in dem Fall und brachte eine Anfrage an Brandstetter zu den Sicherheitsstandards ein. BZÖ-Chef Gerald Grosz sah das Justizsystem "in den Grundfesten erschüttert" und forderte die sofortige Einrichtung einer Sonderkommission. (APA, bbl, cmi, moe, derStandard.at, 27.2.2015)