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Der deutsche Bundestag hat am Freitag die Verlängerung des Griechenland-Hilfsprogramms beschlossen.

Foto: apa/roessler

Berlin/Tallinn - Der deutsche Bundestag hat am Freitag mit überwältigender Mehrheit der Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland zugestimmt. Dafür votierten nach Angaben von Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth 542 Abgeordnete, 32 lehnten den Antrag ab, 13 enthielten sich. Das ist die größte Mehrheit, die im Bundestag je für eine Maßnahme zur Bewältigung der Euroschuldenkrise zustande kam.

Auch Estland hat der Verlängerung des Hilfspakets für Griechenland um vier Monate zugestimmt. Der Parlamentsausschuss für EU-Angelegenheiten unterstützte am Freitag die Entscheidung der Eurogruppe, das Programm bis Ende Juni zu verlängern. Trotz einiger Diskussionen sei ein einstimmiger Konsens erzielt worden, sagte ein Parlamentssprecher der Nachrichtenagentur dpa.

"Bauchgrimmen"

Vor der Abstimmung im deutschen Bundestag hatte der deutsche Präsident Joachim Gauck die sich abzeichnende breite Mehrheit begrüßt. "Das Parlament ist verantwortungsbereit und nimmt sich der Sache mit großer Ernsthaftigkeit an", sagte Gauck auf MDR Info.

Der Bundestag stelle sich der Frage, was Europa gewinne, wenn ein Teil der Gemeinschaft verloren gehe, so Gauck. Vor der Abstimmung wuchs die Kritik am Vorgehen der griechischen Regierung. Vor allem in den Reihen von CDU und CSU mehren sich die Stimmen gegen eine nochmalige Verlängerung des Hilfspakets bis Ende Juni. "Viele Abgeordnete stimmen nur mit großem Bauchgrimmen zu. Zu weiterem Entgegenkommen sind sie nicht bereit", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Gunther Krichbaum (CDU).

Schulz kritisiert Varoufakis

Griechenlands Finanzminister Yiannis Varoufakis hatte am Mittwoch erneut einen Schuldenschnitt ins Gespräch gebracht - obwohl Athen erst vergangene Woche den Europartnern zugesagt hat, die Forderungen aller Gläubiger zu bedienen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte ihn dafür scharf. "Ein Finanzminister, der wenige Tage, nachdem er mit 18 seiner Kollegen eine Einigung erzielt hat, diese wieder infrage stellt oder neue Forderungen ins Spiel bringt, schafft kein Vertrauen", sagte er der "Rheinischen Post" vom Freitag. "Im Gegenteil: Er verspielt es."

Die bisherigen Kredithilfen der Europartner für Griechenland seit 2010 belaufen sich auf 240 Milliarden Euro. Etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland.

Deutsche skeptisch

Der frühere deutsche Finanzminister und Linke-Chef Oskar Lafontaine warnte seine Partei vor einer Zustimmung und plädierte für Stimmenthaltung. Andernfalls würde man eine Politik unterstützen, bei der 60 Milliarden Euro deutscher Steuergelder sinnlos in den Sand gesetzt worden seien.

In der Bevölkerung hält sich die Solidarität in Grenzen. 43 Prozent gaben in einer repräsentativen Umfrage von Emnid für den Sender N24 an, sie würden Griechenland schon jetzt keine Hilfe mehr gewähren.

Niederlande dafür

Das niederländische Parlament stimmte bereits am Donnerstag mit breiter Mehrheit für eine Verlängerung. Wann das griechische Parlament darüber abstimmen soll, ist bisher unklar.

Griechenland hatte sich mit den Europartnern auf eine Verlängerung des eigentlich Ende Februar auslaufenden Hilfsprogramms verständigt. Mit der grundsätzlichen Einigung sind aber keine kurzfristigen neuen Hilfszahlungen verbunden. Die bisher blockierten Gelder werden erst ausgezahlt, wenn Athen das aktuelle Hilfsprogramm abgeschlossen hat.

Griechische Wirtschaft schrumpft

Griechenlands Wirtschaft kämpft nach einer Erholungsphase indessen wieder mit stärkerem Gegenwind. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte zwischen Oktober und Dezember um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal, wie das Statistikamt Elstat am Freitag auf Basis revidierter Daten mitteilte. In einer Schnellschätzung war zunächst ein Minus von 0,2 Prozent ermittelt worden.

In den ersten drei Quartalen 2014 wuchs die Wirtschaft, im Sommer sogar um 0,7 Prozent. Trotz des Dämpfers zum Jahresende dürfte die griechische Wirtschaft nach sechs Rezessionsjahren 2014 daher erstmals wieder gewachsen sein. Die Jahresdaten sollen im März veröffentlicht werden. (APA, Reuters, 27.2.2015)