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Fendi. Herbst/Winter 2015/16. Milan Fashion Week
Foto: REUTERS/ALESSANDRO GAROFALO, AP/Antonio Calanni, APA/EPA/MATTEO BAZZI

Von den kreisrunden bunten Einladungskarten bis zu den abstrakt bemalten Deko-Elementen in der Fendi-Halle, Karl Lagerfeld hat seine aktuelle Fendi-Kollektion den Arbeiten der Schweizer Künstlerin Sophie Taeuber-Arp gewidmet. Doch so wirklich nach hinten zu schauen, das verbiete er sich. Seine aktuelle Kollektion, die sei nicht rückwärtsgewandt, sondern in erster Linie grafisch, flüsterte der 81-jährige Lagerfeld Suzy Menkes, der rasenden Online-Kolumnistin der "Vogue", ein. Seine Kommentare sollten wohl vor allem als Seitenhieb auf den neuen Gucci-Designer verstanden werden: Das bei Fendi, das sei schließlich kein Flohmarkt.

Dabei schlagen sich die 70er-Jahre durchaus eine Schneise durch diese Herbst/Winter-Kollektion. Die Farben bewegen sich zwischen Wollweiß, rostigen Rottönen, Braun und Beige. Voluminös aufgeblasene Steppjacken, lange Doppelreiher-Mäntel mit übergroßen Knöpfen, über den Knöcheln endende Schlaghosen. Karl Lagerfeld weiß seine Kollektion nicht nur als modern zu verkaufen, sein Tatendrang kennt auch mit Anfang 80 kein Halten. Im Sommer nächsten Jahres werde er in Paris erstmals eine Couture-Pelz-Kollektion von Fendi zeigen, verriet er Menkes. Dieser Mann ist immer für eine Überraschung gut.

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Gucci. Herbst/Winter 2015/16. Milan Fashion Week
Foto: AP/Antonio Calanni, REUTERS/ALESSANDRO BIANCHI

Wenn das Label Gucci plötzlich seinen Instagram-Account mit einem Roland-Barthes-Zitat überschreibt, dann wird klar: Die Gucci-Welt steht Kopf. Nachdem Frida Giannini und ihr Mann, der Geschäftsführer Patrizio di Marco, das Unternehmen im Jänner überstürzt verlassen haben, ist jetzt ein bislang unbekannter Name aus der zweiten Reihe dran. Alessandro Michele, der Mann mit dem Jesus-langen Haar und Vollbart, hat bislang Accessoires für Gucci designt. Jetzt hat er dafür gesorgt, dass die in dieser Saison wohl mit der größten Spannung erwartete Show auch nicht übersehen wurde. Denn mit der Mode seiner Vorgängerin hat die Herbstkollektion wenig gemein, und mit der des einstigen Sex- und Heilsbringers Tom Ford auch nichts.

Alessandro Michele führte eine zurückhaltendere, eine schräg nostalgisch anmutende Kollektion vor, die von vielen Seiten mit den Bildwelten des Wes Anderson verglichen wurde: Eine Parade an Schluppenblusen, Lederfaltenröcken, Pullundern, Blumendrucken und lässig geschnittenen Hosenanzügen, wie sie Jarvis Cocker in den Neunzigern getragen hat. Vervollständigt wurde der romantische Nerd-Look mit Baskenmützen, Brillen, Vogel-Broschen, Fellschuhen und einigen durch feine Spitze schimmernden nackten Brüsten. Marco Bizzarri, Geschäftsführer und Vorstand bei Gucci, gab sich gegenüber WWD überzeugt: Michele sei genau die richtige Person für Innovation. Es gehe doch darum, mehr als ein einfacher Luxusgüter-Lieferant zu sein. Wohin Alessandro Michele, der zu Hause eine Sammlung an Vintage-Stoffen hortet, wohl zurückschaut, wenn er mehr Zeit für seine nächste Kollektion hat?

Prada. Herbst/Winter 2015/16. Milan Fashion Week
Foto: Prada

Wenn der neue Gucci-Designer romantisch veranlagt ist, dann ist das Miuccia Prada in dieser Saison erst recht. Zumindest auf den ersten Blick. Schon das Setting diesmal – im Gegensatz zu den letzten Saisonen - eine recht süßliche Sache: Vorne an der Bar Häppchen und Drinks in blassem Grün und zartem Rosa, das Dahinter ein Parcours aus mehreren Räumen, in, natürlich, blassem Grün und zartem Rosa. Der Auflauf der behandschuhten Models in Softeisfarben, von Rosé über zartes Zitronengelb bis hin zu kräftigem Grün, dürfen bei Miuccia Prada aber wie immer als ein doppeltes Spiel verstanden werden.

Die Designerin verpasste dem Publikum diesmal einen Pastellschock wie eine ironische Giftspritze gleichermaßen – auch wenn das fast unterging in dieser soften Kulisse, durch die zu Disneys Filmmusik "Fantasia", toupierte, mit glitzernden Spangen und Broschen besteckte Models liefen. Miuccia Pradas Kollektion? Eine kunstvolle Gemengelage aus knappen Minikleidchen mit hochgezogener Empiretaille, den Pastelltönen der Fünfziger, aufgesetzten Schleifen, langgezogenen Krägen und verkürzten, leicht ausgestellten Hosen der Endsechziger. Prada arbeitete diesmal mit doppelseitigem Jersey, das wie standfestes Neopren daher kam. Und wie bei Gucci: Brillen und Broschen im Überfluss. Miuccia Prada erschuf auf ein Neues ihr ganz eigenes Retro, das sich keinem vergangenen Jahrzehnt verpflichtet sieht. Dafür aber umso mehr an ihrer endlosen Geschichte von der Schönheit und dem schön schaurigen Dahinter festhält.

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Moschino. Herbst/Winter 2015/16. Milan Fashion Week
Foto: AP/Matteo Bazzi

Mit was kann Jeremy Scott, das Enfant terrible im Haus Moschino, eigentlich noch überraschen? Der Designer ist omnipräsent, und das auf allen Bühnen und allen Kanälen: Im November kam ein Moschino-Duft im Teddybären-Flakon raus, im Jänner eröffnete der erste Moschino-Shop in Los Angeles, zuletzt trat Katy Perry in vier Moschino-Outfits zur Super Bowl an, und ja, man mag es kaum glauben, Jeremy Scotts Laufstegdebüt bei Moschino ist gerade einmal ein Jahr her. Damals brachte er ein Hybrid aus Ronald McDonald und Coco Chanel auf den Laufsteg, im letzten Herbst gab er dann Barbie den Laufpass.

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Moschino. Herbst/Winter 2015/16. Milan Fashion Week
Foto: apa/epa/bazzi

Es ist also nicht verwunderlich, dass die unerschrockene Freude am Recycling, am Trash, am Schrillen und am Bunten auch in dieser Saison auf der Tagesordnung stand. Pate für den Comic-Part standen diesmal die Looney Tunes, gedruckt auf Oversize-Shirts, getragen als Minikleidchen. Dazu wurden Baseballkappen mit zwei Schirmen aufgesetzt, knallig bunte Steppmäntel und Miniröcke und Overknee-Stiefel in Orange, Violett, Gelb übergestreift. Außerdem waren da noch Jeanslatzhosen in Patchwork-Optik und jeder Menge goldenem Bling Bling. Die Instagram-Gemeinde hatte ihre Freude dran. Jeremy Scott ist eben auch vor allem eines: Ein besonders talentierter Kommunikator.

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Max Mara. Herbst/Winter 2015/16. Milan Fashion Week
Foto: APA/EPA/DANIEL DAL ZENNARO

Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet Gigi Hadid, Sports Illustrator-Model und Best Friend von Kendal Jenner, setzte ihren erfolgreichen New Yorker Model-Feldzug in Mailand fort. Und eröffnete ausgerechnet für das dezente Kaschmirmantel-Label Max Mara. Die Rechnung allerdings ging auf. Denn dem Label Max Mara diente die bekannte Fotoserie der Marilyn Monroe, 1962 von George Barrris am Strand von Santa Monica geschossen, als Inspirationsvorlage.

Und so hielt sich Gigi Hadid mit welligem Bob den aufrutschenden beigen Kaschmirmantel in etwa so vor der Brust zusammen wie das die Monroe damals mit ihrem legendären Handtuch tat. Diese Geste mehr als ein cleverer Schachzug, um eine Mantelkollektion zu verkaufen. Da hätte es als Gigi Hadid als letzten Auftritt gar nicht mehr gebraucht. Denn die Message, die blieb hängen: Wie etwas getragen wird, ist manchmal entscheidender als was. (Anne Feldkamp, derstandard.at, 27.2.2015)