Die gesamte Europäische Union sei in der Pflicht: "Es braucht ein gemeinsames Bekenntnis zu einer Verlagerungspolitik", sagt Tirols stellvertretende Landeshauptfrau Ingrid Felipe (Grüne).

Foto: Rudolf Brandstätter

Seit Herbst gilt auf rund zwei Dritteln des Tiroler Autobahnnetzes Tempo 100 - es ist das wohl bisher größte gemeinsame Projekt der schwarz-grünen Tiroler Landesregierung. Nach ein paar Monaten Probezeit hat die stellvertretende Landeshauptfrau nun erste Ergebnisse des selbst in Auftrag gegebenen "Monitorings" präsentiert. Wenig überraschend - die Pressekonferenz trug den Titel "Der Luft-100er wirkt" - verkündete Ingrid Felipe (Grüne) am Freitag: "Die Luft in Tirol hat in den vergangenen Monaten an Qualität gewonnen." Deshalb soll die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Probe nun vorerst auch bleiben.

Den Regierungspartner wird das weniger freuen, hatte sich die ÖVP doch lange gegen die Maßnahme ausgesprochen. Landeshauptmann Günther Platter war auf der Pressekonferenz nicht anwesend. Auf Tempo 100 konnte man sich einigen, weil es eine vonseiten der Europäischen Union vorgegebene mögliche Maßnahme ist, die einem - wesentlich populäreren - sogenannten sektoralen Fahrverbot vorausgehen muss.

"Sektorales" noch in diesem Jahr

Denn ein solches LKW-Fahrverbot gab es in Tirol bereits - es wurde jedoch zwei Mal vom Europäischen Gerichtshof gekippt, weil zuerst mildere Maßnahmen gesetzt werden sollten. Nun will Felipe das "Sektorale" noch in diesem Jahr einführen - was bedeuten würde, dass Lastkraftwagen, die nichtverderbliche Güter wie Müll und Schrott transportieren, dann auf die Schiene ausweichen müssten.

Am Freitag wurden auch ein paar konkrete Ergebnisse des Zwischenberichts verkündet: "Im Unterinntal haben sich die Stickstoffdioxid-Immissionen seit November um drei bis vier Mikrogramm pro Kubikmeter Luft reduziert", erklärte Ludwig Schmutzhard vom Amt für Verkehrsplanung. Die Effekte der Geschwindigkeitsbeschränkung seien im Winter allerdings stärker zu spüren als im Sommer. Im Jahresmittel gehe man von einer Reduktion von zwei bis drei Mikrogramm aus.

Tirol droht Vertragsverletzungsverfahren

Trotzdem liege Tirol nach wie vor über dem EU-rechtlichen Grenzwert. "40 Mikrogramm sind laut EU zulässig, in Tirol liegen wir jetzt bei etwa 60 Mikrogramm", sagte Schmutzhard. Bis 2020 ist das Bundesland gezwungen, die Belastung an Stickstoffoxiden deutlich zu reduzieren - ansonsten müsste die EU ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.

"Wir haben ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet. Dieses geht im Juni oder Juli in Begutachtung", sagte Felipe. Im Herbst 2015 soll ein Verbot für LKW der "Euroklasse zwei" eingeführt werden, 2017 schließlich auch für LKW der "Euroklasse drei" mit Anhängern.

Felipe sei das allerdings noch nicht genug: "Viele weitere Schritte müssen folgen", sagte sie am Freitag. Die gesamte Europäische Union sei in der Pflicht: "Es braucht ein gemeinsames Bekenntnis zu einer Verlagerungspolitik." (Katharina Mittelstaedt, derStandard.at, 27.2.2015)