Im Sommer soll der erste Alphatest beginnen, bis Ende 2016 will man die Kernfunktionen umgesetzt haben.

Foto: Crowfall

Die Entwicklung eines MMOs ist eine aufwändige, kostspielige und mitunter riskante Angelegenheit. Ein Grund, warum derlei Games selten ohne einem großen Publisher im Hintergrund veröffentlicht werden. Nun versucht es ein Branchen-Urgestein jedoch auf anderem Wege.

Godron Walton, der bereits hinter "Ultima Online", "The Sims Online", "Star Wars: Galaxies" und anderen Projekten ausführender Produzent war, sucht auf Kickstarter nach Unterstützern für "Crowfall". Das Spiel beschreiben die Entwickler aus "Game of Thrones" und "Eve Online".

Boten der Endzeit

Die Hintergrundgeschichte: Die Spieler schlüpfen in die Rolle unsterblicher Krieger, die von den Göttern in sterbende Welten geschickt werden, um die Seelen der Verdammten zu sammeln. Sterbliche sähen sie als Henker und Plünderer, was ihnen auch zum Spitznamen "Crows" verholfen habe.

Apokalypse-Tourismus

Wie die Beschreibung bereits vorweg nimmt, setzt man auch auf Spielumgebungen, die nicht persistent sind. Während in den meisten anderen Online-Rollenspielen über den Bestand des Games hinweg eine Welt bespielt und ausgebaut wird, begleiten die Spieler in "Crowfall" eine Welt bei ihrem Untergang. Zirka einen bis drei Monate soll das Geschehen jeweils dauern, ehe die Heroen in das nächste Untergangsszenario versetzt werden.

Die Endzeitszenarien ("The Infected") teilen sich dabei in vier Jahreszeiten auf. Die Spieler starten im Frühling und sehen sich mit dem Voranschreiten des Jahres mit einer immer feindlicheren Umgebung konfrontiert. Denn für den Untergang sorgt eine stets stärker werdende Legion von Untoten, genannt "The Hunger". Das Spiel endet entweder beim Erfüllen bestimmter Siegbedingungen oder nach Ablauf der kalten Jahreszeit. Auch dann wird ein Sieger gekürt.

MMO trifft Strategie

Dabei will man Elemente aus Strategiespielen umsetzen. So hat der Spieler an seiner Startposition auch dank Fog of War (bisher nicht erforschtes Kartenterrain außerhalb der Sichtweite ist verdeckt) zuerst keine Ahnung, wo alle anderen Partizipanten sind. Es gilt für ihn, sich in der harschen Umgebung zu etablieren, Waffen zu schmieden, Rüstungen zu finden, Ressourcen zu sammeln und einzusetzen sowie Allianzen zu schmieden.

Teilnehmer können drei verschiedenen Seiten beitreten: Chaos und Ordnung kämpfen um den größten territorialen Gewinn. Die dritte Fraktion, Balance, hat wiederum das Ziel, ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden anderen zu Ende des Spiels herzustellen. Ihre Spieler müssen sich also, der Logik folgend, jeweils die schwächere Seite unterstützen.

Fraktionen, Gilden, Götter, Spieler

Es gibt dazu noch drei weitere Typen von untergehenden Welten, In "God's Reach" treten nicht drei Fraktionen, sondern die Spieler je nach gewählter Gottheit (zwölf an der Zahl) gegeneinander an. Hier soll es deutlich schwerer sein, zu bestehen, dafür winken mehr Ressourcen. "The Shadow" ist der Battleground für Gilden. In "The Dregs" gilt schließlich das Jeder-gegen-jeden-Prinzip im Gegenzug für die höchste Ausbeute.

Die Karten für das Kampagnenspiel basieren auf Voxel-Technologie, sind umfassend zerstörbar und werden prozedural generiert. Dazu können die Entwickler Ressourcen- und Item-Ausbeute, Siegbedingungen, verwendbare Technologien und andere Variablen anpassen, um frische Herausforderungen zu schaffen.

Eternal Kingdoms

Paralell zu den sterbenden Welten gibt es auch "ewige Königreiche". Sie gehören den Spielern, sind persistent, bieten aber keine Möglichkeiten, die Ressourcen Stein, Eisen und Holz zu sammeln. Daher ist die Teilnahme am Kampagnenspiel unerlässlich.

Die Spieler betätigen sich in ihrer Domäne als Herrscher, können ihr Land in Regionen einteilen und auch Abschnitte anderen Spielern unterstellen. Vorzufinden sind Flüsse, Schlösser, Dörfer, Dungeons und Ruinen. Es können Steuern eingetrieben, Handelsembargos gesetzt und andere diplomatische Optionen genutzt werden. Dazu können sie für ihr Territorum eigene PvP-Regeln festlegen.

Erfolgreiche Finanzierung

Das Konzept ist bei vielen Spielern offenbar auf Gefallen gestoßen. Binnen vier Tagen konnte man dank über 8.000 Unterstützern das Mindestziel von 800.000 Dollar erreichen. Aktuell plant man, schon im kommenden Sommer einen ersten Alphatest zu starten. Eine Kernversion des Games soll bis zum Winter 2016 fertig sein.

Die Entwickler weisen selber darauf hin, dass es sich um ein schwieriges und riskantes Unterfangen handelt. Sie erklären, dass sich das Spiel nicht alleine aus dem per Kickstarter lukrierten Geld finanzieren soll. Wenn nötig, werde man sich abseits des Crowdfundings um weitere Finanzmittel bemühen, wolle aber primär den Spielern gegenüber verantwortlich bleiben.

Geld soll für Kernfunktionen reichen

Man habe bereits im Vorfeld selber Geld gesammelt. Dazu nutze man bereits bewährte Technologien und konzentriere sich zuerst auf die Kernfunktionen ohne lineare Inhalte, da diese der größte Kostentreiber für MMOs seien. Die Kickstarter-Einnahmen und das bestehende Kapital sollen für die Umsetzung dieses Parts ausreichen. Dazu plane man auch, die Rechte für "Crowfall" für Märkte wie China zu verkaufen.

Skepsis ist allerdings angebracht. So arbeitet etwa der aktuelle Verantwortliche für 3D-Modelle derzeit nur in Teilzeit an seiner Aufgabe, da er auch beim Effektdesign ausshelfen muss. Schafft man die Eine-Million-Dollar-Marke, wovon auszugehen ist, wird dafür ein eigener Mitarbeiter eingestellt. Angesichts der vielen Kostenstellen einer solchen Entwicklung und dem kleinen Entwicklerteam könnte das Risiko eines Fehlschlags deutlich größer sein, als die Entwickler es darstellen.

Negativbeispiele

Über Kickstarter wurden bereits einige erfolgreiche Spiele finanziert, doch die Plattform machte auch schon einige Negativ-Schlagzeilen durch gescheiterte Projekte. Eines der jüngeren Beispiele, dessen Entwicklung de facto wohl nicht mehr beendet wird, ist das prähistorische Online-Survival-Game "The Stomping Land".

Mitte 2013 hatten Interessenten das Projekt mit 114.000 Dollar um das beinahe Sechsfache des Zielbetrags finanziert. Nach immer träger werdender Entwicklung tauchte der Chefentwickler für Monate ab, tauchte kurz wieder auf und ist nun wieder seit längerem von der Bildfläche verschwunden. Der verantwortliche Modeller hat mittlerweile frustriert das Handtuch geschmissen, der Titel wurde auch aus Steams Greenlight-Programm entfernt. (gpi, derStandard.at, 27.02.2015)