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Der Wiener Kammerpräsident Walter Ruck konnte die Angriffe der Opposition abwehren. Er setzte im Wahlkampf unter anderem auf das Thema Sonntagsöffnung

Foto: APA/WKW/FLORIAN WIESER

Wien – Bei der Wirtschaftskammerwahl 2015 hat der ÖVP-Wirtschaftsbund trotz Verlusten bundesweit genau eine Zweidrittelmehrheit erzielt. Laut vorläufigem Ergebnis errang der WB exakt 66,6 Prozent der Stimmen, um 4,3 Prozentpunkte weniger als 2010. Zweiter wurde der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) mit 10,8 Prozent (–1,0 Prozentpunkte).

Der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RfW) legte um rund einen Prozentpunkt auf 9,4 Prozent zu. Die Grüne Wirtschaft gewann mit +3,3 Prozentpunkten am stärksten dazu und erzielte 9,1 Prozent. Die Neos-Gruppierung Unos kam beim ersten Antreten auf 2,0 Prozent, so das Freitagabend in der Bundes-Wirtschaftskammer in Wien präsentierte Ergebnis.

Verluste in Oberösterreich

In der Heimat von Christoph Leitl setzte es dieses Mal herbe Verluste für die Schwarzen. Der Wirtschaftsbund verlor bei der am Freitag zu Ende gegangenen Wirtschaftskammerwahl in Oberösterreich fast zehn Prozentpunkte und kommt nun auf 65,4 Prozent.

Angesichts des noch immer enormen Vorsprungs auf die Konkurrenz (auf Platz zwei liegt der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender mit 14,7 Prozent) halten sich die Schmerzen des Kammerpräsidenten aber in Grenzen. "In Zeiten wie diesen ist das ein unheimlicher Vertrauensbeweis", sagte er im Gespräch mit dem STANDARD. "Mehrheiten von 75 oder 80 Prozent sind heute eher die Ausnahme als der Normalfall", so Leitl, der bereits in seine dritte Periode als Präsident geht.

Alle neun gehalten

Das wichtigste Ziel des Wirtschaftsbundes konnte jedenfalls erreicht werden. In allen neun Bundesländern wurde sowohl die absolute Mandats- als und auch Stimmenmehrheit gehalten. Vor allem in Wien ging es knapp her. Am Ende durfte sich der Landeskammerpräsident Walter Ruck aber über 50,6 Prozent der Stimmen freuen. Bei den Mandaten ergibt sich wegen des mehrheitsfördernden Wahlrechts sogar ein wesentlich deutlicherer Überhang.

Beachtlich schnitt in der Bundeshauptstadt der Neos-Ableger Unos ab. Obwohl man bei weitem nicht in allen Fachgruppen antrat, kam man bei der ersten Kandidatur auf 6,12 Prozent. Unos-Vorstand Markus Ornig sprach von einer "absoluten Sensation". Dort, wo man angetreten sei, habe man auch mehrheitlich Mandate erreichen können.

Mehrheitsförderndes Wahlrecht

Zur Erklärung: Direkt gewählt werden die Funktionäre nur auf der untersten Ebene, also bei den Fachgruppen, von denen es insgesamt 857 gibt. Für höheren Ebenen, also die Sparten und das Wirtschaftsparlament, werden die Stärkeverhältnisse hochgerechnet. Dieses Wahlrecht führt letztlich auch dazu, dass die ÖVP im Wirtschaftsparlament eine noch klarere Mehrheit hat.

Als Wahlsieger darf sich auch die grüne Wirtschaft fühlen. In Wien kam sie auf fast 13 Prozent (2010: 9,4). Auch in den anderen Bundesländern konnten die Grünen durchwegs zulegen.

Zum Teil bitter ging die Wahl für den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) aus. In Wien rutschte man von 29,7 auf 20,5 Prozent ab. In Tirol sind die Roten praktisch nicht mehr existent. Schon vor fünf Jahren bekam der SWV dort nur vier Prozent. Dieses Mal sind es gar nur noch 2,6 Prozent.

Umstrittener Chef bestätigt

Der amtierende Landeskammerchef Jürgen Bodenseer (ÖVP) konnte seine absolute Mehrheit in Tirol locker verteidigen. 77,24 Prozent (minus drei Prozentpunkte) entfielen auf den schwarzen Wirtschaftsbund, dem Bodenseer vorsteht. Den ein oder anderen mag das dennoch überraschen, hatte der Tiroler Kammerchef in den vergangenen Jahren doch immer wieder für mediales Aufsehen gesorgt: So hatte er sich beispielsweise im Jahr 2012 für eine Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen – musste seine Aussagen nach parteiinterner Kritik allerdings rasch wieder relativieren. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass er seinen Ferrari scheuerschonend mit Liechtensteiner Kennzeichen fährt. Die damalige Begründung: Der Tiroler Funktionär sei mit dem Wagen ja auch für seine Firma in Liechtenstein unterwegs.

Salzburg

Von einem homogenen Ergebnis kann man österreichweit allerdings nicht sprechen. Einen Dämpfer gibt es für den Wirtschaftsbund beispielsweise in Salzburg: Dort gab es einen Rückgang von 77,2 auf 68,6 Prozent (minus 8,6 Prozentpunkte). Einen starken Erstantritt (7,6 Prozent) gab es für die von der FPÖ unterstützte Freiheitliche Wirtschaft Salzburg, die Unos schafften den Einzug ins Kammerparlament. Der SWV verlor leicht (6,6 auf 5,6 Prozent). Die parteifreie Wirtschaftsliste Salzburg verzeichnete einen Rückgang von 9,7 auf 7,7 Prozent, blieb aber gemessen an den Mandatszahlen zweitstärkste Gruppierung. Die Grüne Wirtschaft hat als einzige der schon bisher im Kammerparlament vertretenen Gruppierungen zugelegt, und zwar von 6,0 auf 8,3 Prozent der Stimmen.

Kärnten

In Kärnten hat hingegen der ÖVP-Wirtschaftsbund seine Mehrheit von 61,4 auf 64 Prozent ausgebaut. Der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender (RfW) verlor sechs Prozentpunkte, verteidigte mit 15,1 Prozent der Stimmen aber Platz zwei. Der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband (SWV) blieb stabil und erreichte 11,9 Prozent (2010: 11,7). Die Grünen wuchsen von 4,2 auf 7,2 Prozent.

Burgenland

Auch im Burgenland hat der ÖVP-Wirtschaftsbund mit 71,3 Prozent der Stimmen (2010: 70,3 Prozent) seine Mehrheit ausgebaut. Der SWV kam auf 17,6 Prozent (2010: 17,2 Prozent). Die Grüne Wirtschaft legte von 2,2 auf 5,1 Prozent zu, der Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender kam auf 5,9 Prozent (2010: 8,4 Prozent).

Steiermark

In der Steiermark wiederum hat der Wirtschaftsbund verloren, und zwar mehr als sieben Prozentpunkte: von 76,0 auf 68,5 Prozent der Stimmen. Der RFW dagegen konnte um knapp vier Prozentpunkte von 8,2 auf 12,0 Prozent zulegen und überholte den Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) trotz dessen Zuwachses von 9,0 auf 9,5 Prozent.

Die Wahlbeteiligung ist österreichweit auf unter 40 Prozent gesunken. In Wien legte sie geringfügig zu, allerdings auf sehr niedrigem Niveau: Von 29,4 Prozent im Jahr 2010 auf 31,23 Prozent. (go, mika, rebu, APA, derStandard.at, 27.2.2015)