Wien - Die bei einem Vortest in der Leiche des kasachischen Ex-Botschafters Rachat Alijew nachgewiesenen Spuren eines Betäubungsmittels sorgen weiter für Spekulationen. Es geht um sogenannte Barbiturate, die früher häufig in Schlafmitteln eingesetzt wurden, heute aber selten sind.

Verschwunden sind sie aber nicht vom Markt, wie der Innsbrucker Pharmakologe und gerichtliche Sachverständige Gerald Zernig im Standard-Gespräch sagt.

Noch immer seien zwei Narkosemittel mit dem Stoff in Österreich zugelassen. "In der Tiermedizin wird es zur Euthanasie verwendet und auch in der Suchtgiftszene tauchen Barbiturate noch immer auf."

Vortests sind problematisch

Zusätzlich seien Ergebnisse von Vortests mit Vorsicht zu genießen. Er selbst hatte einen Fall, wo in einer psychiatrischen Abteilung bei Patienten der Heroin-Substitutionsstoff Methadon nachgewiesen worden sei. Bei einer genauen Untersuchung stellte sich heraus, dass es Abbauprodukte der Psychopharmaka waren. "Es kann alles mit allem reagieren" und falsche Schnelltestresultate liefern, sagt Zernig.

Nicht nur Alijews Verteidigerriege rund um Manfred Ainedter und Stefan Prochaska ortet dennoch Verdachtsmomente gegen einen Selbstmord. "Wie kann sich ein Betäubter aufhängen?", fragte der Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz am Freitag und forderte einen Untersuchungsausschuss.

Brandstetter wird aktiv

Justizminister Wolfgang Brandstetter, ehemals Verteidiger von Alijew in dessen Auslieferungsverfahren, will nun eine unabhängige Expertenkommission unter Vorsitz von Ex-Generalprokurator Ernst Eugen Fabrizy einsetzen.

Allerdings hat sich der Mordverdächtige Alijew nach bisherigen Erkenntnissen nicht erhängt - im Sinne, dass er in der Luft hing -, sondern stranguliert. Dafür muss man sich die Luftzufuhr abschneiden, indem man mit dem Körpergewicht in das Seil fällt. Was leichter ist, wenn man einschläft.

Aufregung um Mail an OMV

Für Aufregung sorgt aber auch Gabriel Lansky, der Hinterbliebene der angeblich von Alijew und Komplizen ermordeten kasachischen Banker vertritt. Die Presse berichtet von einer im Juni 2011 an OMV-Chef Gerhard Roiss gerichteten angeblichen Mail Lanskys. In dieser soll Roiss aufgefordert worden sein, sich für eine Auslieferung Alijews an Kasachstan starkzumachen, da sonst wirtschaftliche Probleme drohen. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 28.2.2015)