Istanbul - Der inhaftierte PKK-Führer Abdullah Öcalan hat seine Anhänger zur Niederlegung ihrer Waffen aufgefordert. In einer am Samstag von einem prokurdischen Abgeordneten verlesenen Botschaft rief Öcalan seine Bewegung auf, die Entwaffnung konkret einzuleiten. Er forderte einen entsprechenden Beschluss im Frühjahr. Die EU begrüßte Öcalans Vorstoß.

Die Friedensverhandlungen zwischen der türkischen Regierung und dem Chef der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) liegen seit Monaten auf Eis. Am Samstag trat nun der Abgeordnete Sirri Süreyya Önder von der prokurdischen Oppositionspartei HDP gemeinsam mit Vizeregierungschef Yalcin Akdogan vor die Presse und verlas Öcalans Aufruf zu einem dauerhaften Frieden.

"Endgültiger Frieden"

"Wir nähern uns einer Lösung dieses 30 Jahre alten Konfliktes in Form eines endgültigen Friedens", erklärte Öcalan in der Botschaft. "Und unser erstes Ziel ist es, zu einer demokratischen Lösung zu kommen." Öcalan forderte die PKK auf, im Frühjahr einen außerordentlichen Parteitag einzuberufen, um die "strategische und historische Entscheidung der Entwaffnung" zu treffen. "Dies ist ein historischer Aufruf, den bewaffneten Kampf gegen demokratische Politik zu tauschen", erklärte Öcalan. Er nannte zehn Maßnahmen, in die die Regierung für einen Friedensschluss einwilligen müsse, darunter eine neue Verfassung.

Es war das erste Mal, dass eine Botschaft Öcalans im Beisein eines türkischen Regierungsvertreters verlesen wurde. "Wir haben eine wichtige und historische Phase im Friedensprozess erreicht", sagte Vizeregierungschef Akdogan. "Die Waffen zum Schweigen zu bringen, wird zur Entwicklung der Demokratie beitragen."

Öcalans Erklärung folgte auf ein Treffen zwischen einer HDP-Delegation mit kurdischen Rebellen auf dem PKK-Stützpunkt im irakischen Qandil-Gebirge am 23. Februar. Außerdem trafen die HDP-Vertreter Öcalan am Freitag im Gefängnis auf der Insel Imrali im Marmarameer.

Der HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtas sagte, nun sei ein "entscheidender Punkt für die Demokratisierung der Türkei, die Ausweitung der Freiheiten und für dauerhaften Frieden erreicht" worden. Der Parteitag werde stattfinden, wenn Einigung über die in Öcalans Erklärung genannten Maßnahmen erzielt worden sei.

Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini begrüßte Öcalans Botschaft als "positiven Schritt nach vorne im Friedensprozess". Sie rief alle Beteiligten auf, "die Gelegenheit zu nutzen" und versprach politische und praktische Unterstützung der EU.

Die islamisch-konservative türkische Regierung hatte im Herbst 2012 Verhandlungen mit Öcalan aufgenommen. Dies nährte die Hoffnung, der Konflikt mit der großen kurdischen Minderheit, bei dem seit 1984 etwa 40.000 Menschen getötet wurden, könne überwunden werden. Im März 2013 verordnete Öcalan seinen Anhängern einen Waffenstillstand, der auch weitgehend eingehalten wurde. Allerdings stoppte die PKK wenige Monate später den Abzug ihrer Kämpfer aus der Türkei, weil sie der Regierung in Ankara vorwarf, ihre Versprechen gegenüber den Kurden gebrochen zu haben. Seitdem standen die Verhandlungen still.

Die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Präsident Recep Tayyip Erdogan hofft auf die Unterstützung der 15 Millionen Kurden im Land bei der Parlamentswahl im Juni. Den Friedensprozess gefährden könnte ein geplantes neues Gesetz, das die Ausweitung der Polizeivollmachten bei Demonstrationen vorsieht. Das Gesetz war nach gewaltsamen prokurdischen Protesten im Oktober in die Wege geleitet worden. (APA, 28.2.2015)