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Eindeutig schwarz-blau: Das Kleid in der Mitte spaltete die Netzgemeinde ...

Foto: AP/Vieria

... denn vor einem dunklen Hintergrund wird das Bild eindeutig weiß-golden

Foto: Montage/Karl Gegenfurter/JLU

Mit der Entscheidung der US-Regulierungsbehörde FCC, die Netzneutralität zu festigen, schaffte es am Donnerstag ein eher klobiges netzpolitisches Thema, die Twitter-Timelines und Buzz-Nachrichtenseiten dieser Welt zu beschäftigen. Doch nur kurz: Ab Freitagfrüh europäischer Zeit schien die ganze Welt nur mehr über die Farben eines Kleides zu diskutieren. US-Senatoren, EU-Abgeordnete, Harvard-Professoren und Popstars: Jeder gab seinen Senf dazu ab. Der dazugehörige Buzzfeed-Artikel hält bei mehr als 25 Millionen Zugriffen, dürfte also unter den am stärksten abgerufenen Onlinetexten aller Zeiten sein.

Rasantes Online-Phänomen

Teilweise waren bis zu 670.000 Leser gleichzeitig auf Buzzfeed online, eine Umfrage über die Farbe des Kleides wurde 2,2 Millionen Mal beantwortet. "Das war auf jedenfall eine besondere Angelegenheit", so Buzzfeeds Chefredakteur Ben Smith in der New York Times. Denn, so Smith weiter: "Die Grenze zwischen dem Webdiskurs und der ‚echten Welt‘ wurde gelöscht." Tatsächlich wurde kaum ein Online-Phänomen so schnell von traditionellen Medienorganisationen aufgegriffen: Beispielsweise platzierten der Guardian oder die New York Times prominent auf der Startseite.

Schon Hochzeitsgesellschaft gespalten

Eine solche Reaktion hätte Caitlin McNeill nicht erwartet: Sie war vor ein paar Wochen als Musikerin bei einer Hochzeit engagiert worden. Die Mutter der Braut trug besagtes Kleid, dessen Farben das Internet später spalten würden. Da die Hochzeitsgesellschaft so heftig über die Farben diskutierte, beschloss Caitlin McNeill, ein Foto davon auf ihrem Tumblr-Account zu veröffentlichen. Binnen weniger Minuten war ihr Beitrag hunderte Male geteilt worden. Dadurch gelangte das Bild auf Twitter und Facebook, wo es in weiterer Folge den Buzzfeed-Redakteuren auffiel, die ja auf virale Inhalte spezialisiert sind.

Dominanz

Wenige Stunden später war #TheDress das dominierende Thema: Gleich vier Varianten des Hashtags schafften es in die globalen Twitter-Trends. Medienforscher sehen mehrere Aspekte, die diese Diskussion so populär machten: Jeder kann partizipieren und sich selbst testen; es ist ein relativ leichtes Thema und – vor allem – durchaus als Entdeckung zu betrachten. Denn selbst Forscher können sich nicht darauf einigen, warum Menschen die Farben des Kleides so unterschiedlich wahrnehmen.

Zwar spielt die Überbelichtung eine große Rolle, wie die Justus-Liebig-Universität in Gießen am Montag klarstellte; allerdings erklärt das nicht, warum verschiedene Internetnutzer bei ein- und demselben Bild unterschiedliche Farben wahrnehmen, also den Hintergrund so stark in ihre Wahrnehmung miteinbezogen. Der Hype kann also auch als gigantischer wissenschaftlicher Feldversuch aufgearbeitet werden – auch wenn sich die Mehrheit übrigens einer blau-schwarzen Perspektive zurechnet. (fsc, derStandard.at, 2.3.2015)