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Von den Zuschauerrängen ins aktive politische Geschehen. Knapp 100 Lehrlinge können am Wochenende im Parlament selber Politik als "Abgeordnete" machen.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Wien – Der Ruf nach mehr politischer Bildung für Österreichs Jugendliche ist nicht neu. Neben der am Anfang des Jahres entfachten Debatte um ein Schulfach "Politische Bildung" gab Nationalratspräsidentin Doris Bures im Herbst bekannt, gezielt Lehrlinge stärker für Politik begeistern zu wollen.

Jugendliche als Abgeordnete

Am Mittwoch startet das zweitägige "Lehrlingsparlament". Knapp 100 Lehrlinge aus ganz Österreich können Parlamentarier-Luft im Hohen Haus schnuppern. Ähnlich wie bei dem seit Jahren praktizierten Schülerparlament schlüpfen die Lehrlinge in die Rolle von Abgeordneten und lernen so demokratische Prozesse in der Praxis kennen. "Niemand wird als Demokrat geboren", sagt Bures. Demokratie müsse gelernt werden.

Politik zum Anfassen

Die Bundesjugendvertretung und die Gewerkschaftsjugend bringen ihre Erfahrungen im Umgang mit Jugendlichen in die Lehrlingsoffensive ein. Sascha Ernszt, Bundesvorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend, sieht Handlungsbedarf bei Jungwählern. Nach jeder Wahl, so auch nach der Gemeinderatswahl am Wochenende in Kärnten, sei sein E-Mail-Postfach voll. Dann heißt es: "Sascha, deine Lehrlinge waren ned wählen." Umso positiver wertet er den Vorstoß des Parlaments. Auch wenn Lehrlinge durch die duale Ausbildung bereits mit politischer Bildung in Kontakt kämen, sei es etwas anderes, ein Buch aufzuschlagen oder sich Politik praktisch anzuschauen.

Demokratie ist keine Bildungsfrage

Mit der Offensive sollen Lehrlinge dasselbe Wissensniveau bei politischer Bildung wie Schüler erreichen. Laut Eva Zeglovits vom Institut für Empirische Sozialforschung gehen Jugendliche, die länger in einer schulischen Ausbildung waren, auch eher wählen als Lehrlinge. Für Doris Bures steht fest: "Demokratische Mitbestimmung darf keine Frage der Schulbildung sein." Ab Herbst ist in der Demokratiewerkstatt des Parlaments ein eigenes Lehrlingsmodul geplant. Das Bildungsangebot wolle man an die reale Erfahrungswelt der Lehrlinge anpassen. (Sophie-Kristin Hausberger, derStandard.at, 2.3.2015)