Foto: KHM-Museumsverband

Für den Transport wurde eigens ein Aluminiumkäfig angefertigt.

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Die Bronzestatue nach ihrer Rekonstruktion noch ohne Zementfüllung (links) und mit der Darstellung der einzelnen Fragmentteile (rechts).

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Die Restaurierung des Athleten erfolgte in verschiedenen Phasen.

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Wien - Ein medizinischer Check gehört zum üblichen Programm, wenn ein Sportler von einem Verein an einen anderen verliehen wird. Dies gilt natürlich besonders für Athleten älteren Jahrgangs, die überdies eine umfangreiche Verletzungshistorie aufweisen.

Ein außergewöhnlicher Sportler machte sich dieser Tage auf den Weg auf eine Reise nach Übersee: Der Apoxyomenos von Ephesos verlässt für ein Jahr sein Podest in der Neuen Burg in Wien und gibt Gastspiele in Florenz, Los Angeles und Washington, wo er mit den bedeutendsten hellenistischen Bronzekunstwerken zu sehen sein wird.

Um diese Tournee zu ermöglichen, musste die Statue eines Athleten zunächst aber im wahrsten Sinne des Wortes auf Herz und Nieren geprüft werden.

Das lebensgroße Standbild hat mehr als 1900 Jahre auf dem muskulösen Buckel und stand im späten ersten Jahrhundert wohl als Teil einer Figurengruppe in einer Ecke des Hafengymnasiums der kleinasiatischen Metropole Ephesos. Im Jahr 262 wurde die Stadt von einem Erdbeben zerstört, die Statue wurde verschüttet und kam erst im Jahr 1896 bei einer Grabung des österreichischen Archäologen Rudolf Heberdey wieder ans Licht.

Schrauben und Wein

In Wien wurde der Athlet aus insgesamt 234 Bruchstücken wieder zusammengesetzt, auf Messingbändern mit 1800 Schrauben fixiert und auf einem Eisengerüst montiert. Zur Stabilisierung wurde er mit Mörtel ausgefüllt, was ihm in der Folge beinahe zum Verhängnis wurde. An seinem ersten Aufstellungsort im Theseustempel herrschten wechselnde Klimabedingungen, überdies, so wird berichtet, war die feuchte Luft von "Weindunst geschwängert", da sich unter dem Tempel ein Keller befand. Der Mörtel quoll auf, und das Metall der Statue begann auszublühen.

Aufgrund dieser Vorgeschichte bezweifelten die Verantwortlichen im Kunsthistorischen Museum die Fitness des Athleten für die Reise. In Zusammenarbeit mit Experten des Getty Museum, das die Wanderausstellung organisiert, wurde die Statue zwei Jahre lang untersucht. Das Füllmaterial wurde chemisch analysiert und mittels Endoskop begutachtet. Schließlich wurde dem Patienten, der auf der Suche nach Schwachstellen sogar mit einem Röntgengerät durchleuchtet wurde, ein guter Zustand konstatiert.

Um einen schonenden Transport zu gewährleisten, wurde eine Spezialverpackung entwickelt. Mithilfe der Daten eines 3-D-Scans wurden exakte Passformen gefräst, die die in einen Aluminiumkäfig gesperrte Statue stützen. Teflonfolien und Schaumstoffstoßdämpfer sorgen für zusätzlichen Schutz.

Die Verpackung des Athleten im Zeitraffer.
KHM

Ein Apoxyomenos ("Schaber") ist die Darstellung eines Sportlers bei der Körperpflege nach dem Wettkampf. Zur Hygiene gehörte ein sichelförmiges Schabeisen, die Strigilis. Mit dieser wurden Staub und Ölreste vom Körper gekratzt. Der Wiener Apoxyomenos stellt bei diesem Statuentypus jedoch eine Sonderform dar, er ist gerade damit beschäftigt, mit dem linken Daumen seine (nicht erhaltene) Strigilis zu säubern.

Einzigartig ist der Epheser jedoch trotzdem nicht: 1999 wurde ein beinahe identer Zwilling vor der kroatischen Küste geborgen. Im Getty Museum kommt es nun erstmals zu einer Familienzusammenführung. (Michael Vosatka, DER STANDARD, 28.2.2015)