Am Anfang der Währinger Straße hat Pizzaiolo Carmine Cilento (Ex-Pizza Mari) seine Posto No. 22 aufgesperrt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Köstlich: Pizza-Diavola mit wunderbar gereifter, geschmackstiefer Salame piccante und fruchtigen kleinen Oliven

Foto: Gerhard Wasserbauer

Irgendwer sollte den eh zu seltenen genuinen Italo-Pizzerien der Stadt endlich klarmachen, dass es in Österreich auch anderes Bier als Villacher gibt. Nämlich auch echt köstliches. Also gut: Im Wesentlichen richtet sich der Aufruf an die zum Verwechseln ähnlich benannten Betriebe der Familie Giacoponello (I Ragazzi, I Terroni,I Carusi und I Tricolori sowie die lose assoziierte I Vecchi Amici in der Liechtensteinstraße).

Machen gute Pizza, aber das Bier ist eine Aufgabe. Jetzt ist schon wieder eine - davon mutmaßlich unabhängige - dazugekommen. Die frisch eröffnete Pizzeria Posto No. 22 in der Währinger Straße schenkt den (bis auf aggressive Kohlensäure) verblüffend geschmackfreien Südkärntner Gschloder nämlich auch aus. Wäre weiter nicht so schlimm, wenn es halt keine Pizzeria wäre - und eine authentisch italienische, mehr als brauchbare dazu.

Es ist nämlich so: Zur Pizza gehört gescheites Bier, alles andere ist Kinderkram. In Italien tun sich die besser beleumundeten Pizzerien richtig viel an, um dem Gast mehr als ordentliches, oft extravagantes Fassbier (gern von obskuren oberbayerischen Kleinbrauereien) zapfen zu können. Das macht locker die Hälfte der Anziehungskraft aus. Auch in unseren Tälern und Schluchten würde die Freude am ofenfesten Teigfladen weiter wachsen, wenn dazu Top-Bier ausgeschenkt würde. Und zwar justament von den originalen Italienern!

Die zuletzt wie Schwammerln aus dem Boden geschossenen hyperauthentischen Lifestyle-Pizzerien von Riva bis Disco Volante sind da explizit auszunehmen. Die werden auch meist von Teilzeit-Österreichern geführt, die entsprechend akribisch agieren, ergo trinkfähiges Bier eingekühlt haben - im Fall der Riva sogar richtig tolle italienische Craft-Brews. Ist ja auch ein simpler Umsatzbringer: Köstliches Bier wird kühl getrunken, fades steht lau herum.

Mild nerviges Pfeifen

Davon abgesehen ist Carmine Cilentos Pizzeria aber eine Bereicherung für das Uni-Viertel am Beginn der Währinger Straße. Der Mann aus Salerno war ziemlich am Anfang Pizzaiolo in der Mari von Maria Fuchs, immerhin Wiens Impulsgeber für das Pizza-Rinascimento der vergangenen Jahre. Jetzt pfeift, singt und schleudert er seine Fladen auf mild nervige neapolitanische Weise hinter der eigenen Budel.

Der Ofen ist gasbefeuert, der Teig elastisch und gut gereift, neben den Klassikern gibt es auch Pizzen mit kampanischen Besonderheiten. Mit dem Rauchkäse Provola zum Beispiel, der auch in der wunderbaren Quattro formaggi auftaucht, die mit Mozzarella fior di latte, Gorgonzola, Asiago und Parmesan sogar fünferlei Käse zu bieten hat. Wurscht: Rechnen kann eh die Computerkasse. Ein Bringer ist auch die Diavola: Schaut, siehe Bild, zwar aus wie eine Schussverletzung, schmeckt dank wunderbar gereifter, geschmackstiefer Salame piccante und fruchtigen kleinen Oliven aber grandios.

Es gibt auch allerhand Take-away-Snacks wie die mächtigen Panuozzi: knusprige, frisch gebackene und gefüllte Sandwiches aus Pizzateig, etwa mit Pancetta und Provola oder auch nur mit Grillgemüse, die um 3,90 Euro ein beachtliches Preis-Leistungs-Verhältnis über die Theke schieben - ideal für Studenten. Ist aber alles nichts gegen den Calzone Dolce Vita, der jugendliche und andere hoffnungslose Süßzähne mit seiner Kombi aus Knusperteig, Mascarpone und Nutella geradewegs ins Zucker-Fett-Nirwana abschmieren lässt. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 6.3.2015)

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