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Auf dieser künstlerischen Darstellung ist die unbemannte Raumsonde "Maven" im Tiefflug über dem Mars 2014 zu sehen. 2025 will "Mars One" eine bemannte Mission starten.

Illustration: AP/Nasa

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Der gebürtige Kärntner Günther Golob will den Mars besiedeln.

Foto: APA / Lizz Krobath

Graz - Günther Golob hat wildes, lockiges Haar und eine sanfte Stimme. Er klingt wie einer, der sich schnell für etwas begeistern kann und überhaupt von vielem begeistert ist. Und einer, der auch vieles ablehnt. Seinem Aussehen nach könnte er Harley-Davidson-Fahrer sein. Oder ein Rocker, jedenfalls einer, der gerne Abenteuer unternimmt.

Wenn er von seinem Leben erzählt, scheinen viele Entscheidungen damit zu tun zu haben, seiner Begeisterung zu folgen und Abneigungen aus dem Weg zu gehen - so gut wie möglich. Mitunter würde er sich von so manchem auf der Erde am liebsten 200 Millionen Kilometer entfernen - die mittlere Distanz zwischen Erde und Mars.

Falls der Rote Planet ab 2025 tatsächlich von Menschen besiedelt wird, wie es die Mission "Mars One" vorsieht, ist der 39-jährige Grazer der einzige Österreicher, der die Chance hat, dabei zu sein. Tausende Menschen haben sich dafür beworben. Kürzlich gab Mars One die Namen derjenigen bekannt, die es unter die letzten 100 geschafft haben - darunter Golob. Seine Chance steht nun 1:3.

Im Herbst 2012 hörte er zum ersten Mal im Fernsehen von Mars One. Seine sofortige Begeisterung dafür begründet er mit seinem großen Interesse für "Grenzwissenschaften, Neurowissenschaften und Raumfahrt".

Den Mars besiedeln ...

Drei Monate gab er sich Zeit für die Entscheidung, dann beschloss er, sich zu bewerben. "Dass ich so weit komme, hätte ich nie gedacht. Bei 200.000 Bewerbern weltweit rechnet man sich eine Chance gleich null aus" , sagt Golob. Um unter die letzten 100 zu kommen, hat er bereits drei Hürden überwunden: eine interne Prüfung, ein ärztliches Attest und eine umfangreiche Theorieprüfung über Medizin, Weltraumtechnik und Radioaktivität.

Nun steht ihm noch ein dreiwöchiges Survival-Training mit anderen Bewerbern bevor. Dieses soll an einem unbekannten Ort, von der Zivilisation abgeschnitten, stattfinden, um die Teamfähigkeit der Teilnehmer zu erproben. Im letzten Test geht es um die Psyche: 14 Tage kommen die Bewerber in eine Isolierkammer mit Sauerstoffentzug. Golob will zur Vorbereitung noch einen 6000er besteigen, "jeder Mensch reagiert anders auf Sauerstoffentzug". Der Test soll zeigen, ob die Bewerber einer siebenmonatigen Raumschiffreise standhalten würden.

Den 24, die zum Schluss übrig bleiben, bezahlt Mars One ab nächstem Jahr eine mehrjährige Astronauten-Ausbildung in den USA. Im Gegensatz zu staatlich finanzierten Mars-Missionen wie jener der Nasa ist Mars One des niederländischen Unternehmers Bas Lansdorp ein eher fragwürdiges Projekt. Abgesehen von der völlig unklaren Finanzierung und dem fehlenden technologischen Know-how steht auch die ethische Frage im Raum, ob eine Mars-Reise ohne Rückkehr moralisch vertretbar ist. Denn die Besatzung soll am Mars eine Kolonie gründen. Genau das ist es, was Golob an dem Projekt fasziniert.

Die Kosten der Ausbildung und Ausstattung für das Leben am Mars der ersten vier Astronauten belaufen sich auf sechs Milliarden US-Dollar - rund 5,4 Milliarden Euro. Die Summe soll durch den Verkauf von Fernsehrechten für eine Reality-Show und Sponsoren gedeckt werden, bisher konnte nur ein Bruchteil lukriert werden.

Letztes Jahr war Golob sechs Wochen in den USA. Dabei hat er Nasa-Standorte in Houston, Washington und San Jose besucht. "Ich wollte mich überzeugen, ob das technisch möglich ist", sagt Golob. "Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, es ist möglich - die Technologie ist weit genug."

... um die Menschen zu retten

Schon als Kind hat sich Golob dafür interessiert, Astronaut zu werden. Mars One ist nun sein erster großer Anlauf. "Davor war es ein Kindheitstraum, den ich viele Jahre aus den Augen verloren hatte." In Kärnten geboren, habe ihn seine "Leidenschaft" in die Steiermark geführt - die Kreativwirtschaft. Seit einigen Jahren lebt er in Graz und widmet sich seinem Kunstmagazin XRockz. Zuvor war er Tourmanager.

Dass er jetzt den Mars besiedeln will, hat weniger mit dem Planeten an sich zu tun. Es erscheint Golob schlicht als der "logische nächste Schritt". Man kann sich Assoziationen zu so manchem Science-Fiction-Helden nicht erwehren, wenn man Golob zuhört. Es sei an der Zeit, dass die "Spezies Mensch am Mars eine Kolonie gründet, um zu überleben", sagt er. Und weiter: "Das klingt zwar blöd, ist aber so."

Warum er die Zukunft der Menschheit auf einem anderen Planeten finden will, anstatt zu versuchen, Veränderungen auf der Erde anzustoßen, erklärt er damit, dass auf der Erde "der Point of no Return längst überschritten ist". Für ihn steht fest: "Auf diesem Planeten ist die Menschheit dabei, sich selbst auszurotten." Das Leben am Mars stellt sich Golob um vieles freundlicher vor als auf der umweltverschmutzten und von Kriegen geplagten Erde. So pessimistisch er die Zukunft der Erde sieht, so optimistisch die des Mars: Es wird Eis gefunden, dieses zu Wasser aufbereitet werden und das wiederum zu Sauerstoff. In Glashäusern werden die Marsbewohner ihre Nahrung anbauen. "Die Technologie für all das gibt es schon, wir müssen nur schauen, dass wir sie auf den Mars bringen."

Zuversichtlich ist er auch, dass die Menschen, sobald sie die Erde verlassen, zu einem guten Gesellschaftssystem finden - einem besseren als auf der Erde. Vielleicht ist das eine neue Form der Demokratie, vielleicht ein kommunistisches System. Das zukünftige Sozialsystem am Mars, die "Entertainment"-Kultur dort - all das gehört auch zu den Themen, in die Golob gerade sehr vertieft ist.

Es brauchte nicht viel, um seine Familie mit der Mars-Begeisterung anzustecken. "Meine Kinder sind ganz stolz auf mich", sagt er. Da er von seinen drei Kindern, die zwischen sechs und 16 Jahren alt sind, getrennt lebt, kommunizieren sie jetzt schon hauptsächlich via Telefon und Skype. Die "Herzensbindung" sei ohnehin wichtiger als die körperliche, meint Golob. Wenn sein Vater nicht zu alt wäre, hätte er sich selbst gerne für die Mission beworben. Schließlich "ist es das Größte, was ein Mensch tun kann". Nur seine Mutter fragt manchmal: "Musst Du wirklich überall mit dabei sein?" (Tanja Traxler, DER STANDARD, 4.3.2015)