Wien - "Hoppala, da ist uns ein Fehler passiert", wusste man bei einem politisch linken Verein, als ein Anwaltsbrief mit einer Klagsdrohung auf dem Tisch lag. Der Fehler hat David A. vor Richter Hartwig Handsur gebracht, der entscheiden muss, ob der 28-Jährige erstens üble Nachrede begangen und zweitens das Mediengesetz verletzt hat, indem er Alexander C. in Zeitung und Internet eine Straftat unterstellte.

Herr C. war früher einmal Generalsekretär der Rechtsanwaltskammer, bis bekannt wurde, dass er sich mit der extrem rechten Szene recht gut verstand. Außerdem ist er Fan des Fußballklubs Austria Wien. Was jetzt an sich noch nicht strafbar ist. Allerdings hatte der Verein eine Fangruppierung namens "Unsterblich Wien". Mehrere dessen Mitglieder sollen das Ernst-Kirchweger-Haus gestürmt haben, derzeit läuft ein Prozess.

Burschenschafterveranstaltung

Ende Oktober schrieb David A. nun einen Artikel über eine Burschenschafter-Veranstaltung an der Uni Wien, an der C. teilnahm. In der Geschichte schrieb A. ihn nicht nur mit vollem Namen, sondern auch, dass er wegen des EKH-Sturms vor Gericht müsse. Was nicht stimmte.

"Ich habe zu keinem Zeitpunkt geglaubt, dass ein Verfahren läuft", entschuldigt sich der Angeklagte bei Richter Handsur. "Wir arbeiten an sich sehr sauber, aber ich war wegen des Redaktionsschlusses sehr unter Zeitdruck. Daher ist nicht mehr kontrolliert worden, ob ein Prozess anhängig ist." - "Es war also ein Fehler?", will der Richter wissen. "Ja."

Nun muss man sagen, dass der Fehler eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. 400 Stück beträgt die Auflage der Zeitung, sagt der Angeklagte auf die Frage von C.s Anwalt. Die Internetseite des Vereins wird im Monat rund 30.000 Mal besucht, den fraglichen Artikel haben aber nur 300 Menschen angeklickt.

Reaktion von vier bis fünf Bekannten

Von denen ein Teil ideologisch wohl weniger auf der Seite der Linken steht. Denn ein Leser rief C. an und machte ihn darauf aufmerksam. "Insgesamt haben mich vier bis fünf Personen angesprochen, ob ich wirklich bei einem Überfall dabei war", erzählt der Kläger. "Auf der Seite wird immer wieder mit vollem Namen über mich berichtet. Aber das war einfach falsch."

Er informierte seinen Anwalt, der schickte den Brief. Auf den reagiert wurde: Es gab ein Erratum, eine Unterlassungserklärung, auf der Webseite wurde eine Gegendarstellung veröffentlicht. In der Zeitung nicht: "Wir haben gesehen, dass die Klage schon eingebracht wurde, bevor die Frist für den Abdruck abgelaufen ist. Da sahen wir dann keinen Grund mehr", wie A. begründet.

Für den strafrechtlichen Tatbestand der üblen Nachrede gibt es, nicht rechtskräftig, eine milde Strafe. Angesichts seines geringen Einkommens muss A. 120 Euro zahlen, 60 davon bedingt. Für den linken Verein wird es dagegen in Relation zu auflagenstarken Medien recht teuer. Insgesamt 1300 Euro müssen sie an C. überweisen. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 4.3.2015)