Illustration: Oliver Schopf

Wien - Eine Steuerreform wird die Koalition bis zum 17. März wohl zustande bringen. Aber ob die Wohnbausprecher von SPÖ und ÖVP, Ruth Becher und Paul Singer, in ihren Verhandlungen zu einer Wohnrechtsreform gelangen, ist offen. Zu festgefahren sind die Fronten bei der Frage, ob man die zuletzt so stark gestiegenen Mieten durch neue Regelungen - wie etwa einen Sieben-Euro-Deckel für alle Neuvermietungen - begrenzen sollte, um Niedrigverdienern zu helfen, oder den Markt liberalisieren muss, um das Angebot zu erhöhen und so den Mietanstieg zu bremsen.

Beim 51. STANDARD-Wohnsymposium, das sich vergangene Woche unter dem Titel "Sozial oder marktgerecht" dem Mietrecht widmete, stießen die gegensätzlichen Positionen offen aufeinander. Aber bei der Veranstaltung, die vom Fachmagazin "Wohnen Plus" mitorganisiert wurde, zeigte sich, dass es auch Gemeinsamkeiten und Raum für Kompromisse gibt. Weder lehnt die eine Seite den Markt völlig ab, noch ignoriert die andere die sozialen Bedürfnisse. Beiden geht es um das Gleiche: leistbares Wohnen auf hohem Niveau auch für die Zukunft zu gewährleisten.

"Ökonomische Gegebenheiten nicht ausblenden"

Georg Kathrein, der als Sektionschef für Zivilrecht im Justizministerium eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen spielt, formulierte das so: "Wir müssen schauen, dass die ökonomischen Gegebenheiten nicht ausgeblendet werden, uns aber auch dazu bekennen, dass das Mietrecht eine sozialpolitische Dimension ersten Ranges hat."

Buwog-Geschäftsführer Herwig Teufelsdorfer drängte in seinen Eröffnungsworten auf ein schnelleres Tempo bei Widmungen, auch wenn damit das Mitspracherecht der Anrainer bei neuen Wohnprojekten wieder etwas zurückgedrängt werden muss. "Wir müssen das Hickhack zwischen Bezirken und Bevölkerung beenden."

Alles auf den freien Markt zur Lösung der Probleme setzen ist falsch, sagte der Meinungs- und Sozialforscher Günther Ogris. Denn "die unsichtbare Hand ist nicht Wissenschaft, sondern Religion." Ohne staatliche Regulierung käme es so wie in anderen Ländern zur Blasenbildung, und man müsse bei der Wohnpolitik auch immer die Einkommenssituation mitberücksichtigen, die sich für viele in den vergangenen Jahren verschlechtert hat.

Grenze zur Lebenswertigkeit

Für Nadja Shah von der Mietervereinigung Österreich aber muss verhindert werden, dass mehr als ein Fünftel des Haushaltseinkommens ins Wohnen fließt. "Das ist eine gute Grenze, die wir aber gerade dabei sind zu verlassen."

Sozialbau-Vorstand Bernd Rießland stößt ins selbe Horn: "Ohne staatliche Intervention bleiben die unteren 20 Prozent über", sagte er. "Sie werden dann in so kleine Wohnungen gedrängt, dass es an der Grenze zur Lebenswertigkeit ist." Allerdings sieht auch er die Lösung in einer Steigerung der Bautätigkeit: "Wir werden nur über ein großes Mengenangebot die Preise regeln können."

"Verdichtung ist entscheidend"

Architektin Renate Hammer will die Wohnstandards neu definieren; die alten Kategorie- und Größen-Kriterien seien überholt. Und da könnte innovatives Bauen, das derzeit etwa in den sogenannten Smart-Wohnungen umgesetzt wird, neue Möglichkeiten schaffen. "Wir brauchen hochqualitative Einfachheit und Angemessenheit", sagte sie.

Michael Pisecky, Fachgruppenobmann der Immobilientreuhänder, wies darauf hin, dass die meisten Österreicher ohnehin im Eigentum und im preisgeregelten Sektor wohnen. "Wir müssen keine Angst vor dem Markt haben, vor allem nicht zu dem Anteil, den es in Österreich gibt", sagte er. "Die paar ungeregelten Wohnungen werden wir schon aushalten."

Entscheidend sei eine Verdichtung bestehender Wohngebiete, vor allem in den Städten. Neue Mietbeschränkungen würden die Lage verschärfen. Denn: "Wenn man den Markt niederknüppelt, dann soll man doch nicht glauben, dass sich der Markt nicht zurückmeldet."

Bestehendes System als "Erfolg"

Der Wohnrechtsexperte Andreas Vonkilch von der Universität Innsbruck empfiehlt, zuerst die Auswirkungen der neuen Mietpreisbremse in Deutschland abzuwarten, bevor man hierzulande neue Begrenzungen einführt. "Ist es nicht intelligenter, es auszunutzen, dass der Nachbar bereit ist, sich in ein Versuchslabor zu verwandeln?", fragte er. Vonkilch rechnet fix mit negativen Folgen für den Wohnungsmarkt.

Und insgesamt, so der Tenor der Referenten und Diskutanten, ist das bestehende Mischmodell von Markt und Regelungen ein Erfolg. "Das österreichische Mietrecht ist besser als sein Ruf", sagt Kathrein. (Eric Frey, DER STANDARD, 4.3.2015)